[105] Blumensprache, eine der ältesten Sprachen der Welt, welche mit jedem neuerwachten Frühling durch Blumen und Blüthen zum Herzen der Menschen spricht; aber auch als allegorische Sprache besonders im Orient sehr gebräuchlich, und vermuthlich eine Erfindung der armen, streng eingeschlossenen morgenländischen Schönen, um ihren geheimsten Empfindungen freien Lauf, und den Zustand ihres Herzens an den Tag, d. h. an die rechte Behörde, gelangen zu lassen. Zu Liebeserklärungen und Erwiederungen hierauf eignet sie sich in ihrer Beschränktheit am besten, und es möchte sich der Gebrauch derselben nicht wohl auf ernstere Gegenstände ausdehnen lassen. Nicht allein die Blumen selbst, sondern auch ihre Anordnung, ihr Stand, rechts oder links gebogen, mit oder ohne Dornen, ganz aufgeblüht, halb oder noch völlige Knospe, dient zum richtigen Verständniß dieser Sprache, für welche sich ordentliche Lexika vorfinden, unter andern: Selam, Sprache der Blumen. Neueste Blumensprache. Müchler's Blumensprache und Symbolik des Pflanzenreichs, u. m. a. Da jedes Land jedoch seine eigenthümlichen Blumen und Kräuter besitzt, auch die Begriffe von Anstand und Schicklichkeit nicht unter allen Zonen dieselben sind, lassen sich eigentlich keine bestimmten Regeln über die Kunst, diese bilderreiche Sprache zu schreiben und zu lesen, geben, und nur einige allgemeine Regeln scheinen fest zu stehen. Unter andern, daß die erste Blume rechter Hand den Hauptgedanken ausdrückt, umgekehrt aber, d. h. den Stiel nach oben, das[105] Gegentheil bedeutet, z. B. eine Rosenknospe mit ihren Dornen heißt: »ich fürchte, aber hoffe.« Die Knospe nach unten gekehrt: ich fürchte und hoffe nichts.« Dieselbe ohne Dornen:»es ist Alles zu hoffen« Mit abgestreiften Blättern: »es ist Alles zu fürchten« Ueber die Bedeutung mancher Blumen sind die Ausleger verschiedener Meinung; und während wir der Aster das Attribut der Wehmuth zuschreiben, nennt sie der Andre das Symbol der Freundschaft. Und in dieser Art kommen unzählige Verschiedenheiten vor.
L. M.