Calderon de la Barca

[246] Calderon de la Barca, Don Pedro, der größte dramatische Dichter Spaniens, durch sein herrliches Drama: »das Leben ein Traum,« auch dem deutschen Theaterpublikum ehrenvoll bekannt, wurde 1601 zu Madrid geboren, studirte zu Salamanca, schrieb schon in seinem 14. Jahre ein Schauspiel, machte darauf einige Feldzüge in Italien und den Niederlanden, huldigte mitten im Kriegsgetümmel den Musen, so daß der Ruf seines ausgezeichneten Dichtertalentes bis zum Throne Philipp's IV. drang. Der kunstsinnige, selbst der Dichtung huldigende König rief ihn zurück, ernannte ihn zum Marschall der Festlichkeiten und Schauspiele des Hofes, und ließ seine Stücke, welche damals die größte Begeisterung erweckten, mit ungeheuerem Pomp aufführen. Calderon zog kurz darauf wieder in's Feld, und focht in Catalonien. Später kehrte er an den Hof zurück und widmete sich der Dichtkunst von Neuem. Im 52. Jahre beschloß er sich dem geistlichen Stande zu widmen, fuhr aber auch hier fort, für die dramatische Kunst zu wirken. Er starb 1687..– Calderon beherrschte als Dichter sein Zeitalter. Staunensvoll ist der Reichthum seiner Phantasie, die Gewalt seiner Diction, die Mannichfaltigkeit seiner Productionen. Er schrieb 127 Schauspiele, theils Tragödien, historische Dramen, Intriguenstücke[246] und Komödien; 95 autos sacramentales, geistliche Schauspiele zu Frohnleichnamsfesten, welche in den Hauptstädten Spaniens aufgeführt wurden, und alles bis dahin von geistlicher dramatischer Poesie Vorhandene übertrafen, 200 Vorspiele und 160 Divertissements mit Musik und Tanz. Auch hat er Gedichte, Lieder und Sonette hinterlassen. – Die Fruchtbarkeit dieses dichterischen Genies ist Erstaunen erregend. Noch jetzt ragt er durch Phantasie, Zauber der Sprache, Gewalt und Reichthum der Metaphern in unsere Zeit, und bleibt unsterblich. In seinen Dramen und Komödien entwickelt er zudem eine tiefe Kenntniß des weiblichen Herzens und der verschiedensten Lebensverhältnisse, ist unerschöpflich in Entwickelungen und schönen Contrasten. – Schlegel, Gries und Malsburg haben mehrere seiner Stücke übersetzt. Nebst dem »Leben ein Traum,« das (in West's Uebersetzung) ein Repertoirstück geworden, ist auch das »öffentliche Geheimniß« und der »standhafte Prinz« auf die deutsche Bühne gekommen, und es bedarf nur eines sprach- und bühnenkundigen Dichters, um die ungeheueren Schätze, welche in Calderon's Werken vergraben liegen, für die deutsche Bühne glorreich zu Tage zu fördern.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 246-247.
Lizenz:
Faksimiles:
246 | 247
Kategorien: