Camera lucida

[253] Camera lucida, zu gleichem Zwecke zwar erfunden, doch sonst ohne alle Aehnlichkeit mit der Camera clara. Die Camera lucida besteht aus einem schweren Messing- oder Eisenklotz, dessen untere Seite mit Tuch versehen ist, so daß sie das Papier, worauf sie gestellt wird, nicht beschmutzt; der 1 bis 2 Pfund schwere[253] Klotz trägt einen Stab von Messing, aus zwei Röhren bestehend, welche sich wie die Röhren eines Taschenperspectives verschieben lassen. Oben auf dem Knopf der letzten Röhre ist ein Prisma von vier Seiten angebracht, welches beliebig um eine Axe gedreht werden kann. Dieses Prisma ist das eigentliche Instrument, es hat eine Länge von einem Zoll, und Flächen von 1½ bis 2 Linien Breite. Zwei derselben sind unter einem rechten Winkel gegen einander geneigt, diejenige, welche zu dem abzuzeichnenden Gegenstande, eine Landschaft, ein Bild, eine Büste etc, (alles völlig ruhige) gekehrt ist, und die oberste, an welcher beim Gebrauch das Auge liegt. Die beiden hinteren Flächen stoßen unter einem stumpfen Winkel zusammen. Auf der untern entwirft sich das Bild des zu zeichnenden Gegenstandes, sie sendet dasselbe zu der oberen, und von dieser gelangt es in das, beinahe auf dem Instrument liegende Auge. Nun ist das Prisma so schmal, daß nur die Hälfte des Auges hineinschaut, die andere sieht zugleich auf das untergelegte Papier, und vermag so der Hand, welche den Bleistift führt, als Leitstern zu dienen. Bei einiger Uebung erlangt man sehr schnell die Fertigkeit, nach der Natur zu zeichnen, indem man sich des kleinen, leicht transportablen Instruments bedient. Die Arbeit wird hiedurch auffallend verringert, und es ist allen Damen als ein Hilfsmittel der einfachsten Art zu empfehlen.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 253-254.
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