[419] Infusionsthierchen, die kleinsten, uns sichtbaren, lebenden Geschöpfe, zu deren Kenntniß wir erst durch die Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops gekommen sind. Sie sind vielleicht das Wunderbarste und Feinste, was die Natur hervorgebracht hat. Man entwickelt sie aus jeder Substanz, welche der Fäulniß unterworfen ist, durch Aufguß von Wasser (daher Infusionsthiere). Nachdem dieß einige Tage gestanden, bildet sich in der Flüssigkeit eine ganze Welt lebender Thiere in den sonderbarsten, mannichfaltigsten Formen, die sich lustig herumtummeln, ganze Reisen durch einen Wassertropfen machen, sich gegenseitig bekämpfen und aufzehren etc., bis der Tropfen durch die Temperatur der Luft trocknet und so die ganze, wunderbar belebte Welt in das ursprüngliche Chaos zurücksinkt. Diese erstaunenswerthe Wasserwelt, an die fabelhaften Thiere der persischen Mährchen erinnernd, ist übrigens so constant in ihren Formen, daß es gelungen ist, ihre Arten zu klassificiren. Die höhern derselben stehen so ausgebildet da, daß man von der Idee der Einfachheit ihres Baues längst zurückgekommen ist, indem man an ihnen Organe bemerkt hat, welche wie Lungen, Kiemen, Leber, Herz, Nieren etc. aussehen, also einen sehr complicirten Mechanismus des Körpers voraussetzen,[419] welcher das Wunderbare der Sache noch vermehrt, da diese Einzelnheiten nur den tausendsten Theil eines Sandkornes betragen, was an das Unbegreifliche grenzt und dennoch dem forschenden Auge des Menschen sichtbar wird!