[448] Jokaste, die Tochter des Menelaos, Kreon's Schwester, Gemahlin des Laïos und Mutter des Oedipus. Am Tage ihrer Vermählung warnte ihren Gatten das Orakel vor einem Sohne, welcher sein Mörder werden würde, als daher Jokaste ihm einen Knaben gebar, ließ er diesem die Fersen durchbohren und durch einen Sclaven auf dem Kithäron, einem Gebirge in Böotien, aussetzen. Dieser Sklave folgte aber der Regung des Mitleids und übergab das Kind einem Hirten, der es der Königin Merope, seiner Herrin, überbrachte, die es als eigenen Sohn erzog. Dieser Knabe war Oedipus; zum Jüngling erwachsen, erfuhr er, daß er nicht der Sohn des Königspaares von Korinth sei; an das Orakel wegen seiner dunkeln Abkunft verwiesen, antwortete dieses: »Die Heimath vermeide oder Du wirst Mörder Deines Vaters und Mann Deiner Mutter.« Oedipus glaubte, Korinth sei seine Heimath und kehrte nicht mehr dorthin zurück. Er kam in die Nähe Thebens, eben als Laïos auch nach Delphi zum Orakel fahren wollte, dieses um das Schicksal seines ausgesetzten Sohnes zu fragen. Unter den Begegnenden erhob sich ein Streit, den Laïos Wagenlenker begann, der dem Oedipus ein Pferd tödtete, worauf Oedipus den Wagenlenker und den König, den er nicht kannte, erschlug und ruhig weiter fuhr. Nun bestand er das Abenteuer mit der Sphinx (s. d). In der Heimath fand er die schöne Jokaste, die königliche Witwe, seine Mutter, und unbewußt, wie nahe[448] er ihr verwandt war, vermählte er sich mit derselben und lebte mit ihr in glücklicher, zufriedener Ehe. Aber die Erinnys schlummert nimmer. Eine furchtbare Pest suchte das Land heim, vergebens forschten der König und die Königin nach dem Unseligen, der, nach Orakelspruch, den Fluch über das unglückliche Land gebracht und daraus gestoßen werden sollte. Der blinde Seher Tiresias enthüllte endlich dem königlichen Paare das verbrecherische Verhältniß, in welchem sie schuldlos durch des Fatums Macht sich befanden. Jokaste erhing sich aus Verzweiflung, Oedipus aber beraubte sich des Lichtes beider Augen. (S. Oedipus.) ch