Koch

[166] Koch, derjenige männliche Diener, dem in großen Häusern und Wirthschaften die Oberaufsicht über die Zubereitung der Speisen anvertraut ist. An Höfen gibt es Ober- und Unterköche, ja man hatte ehedem sogar für jede Branche der Tafelfreuden einen besondern, als den Bratenkoch, welcher nur für die Braten zu sorgen hatte, den Backkoch, dem die Besorgung der Bäckereien oblag etc. Der Mundkoch stand über ihnen allen und versorgte lediglich den fürstlichen Tisch, während andere die Marschallstafel etc. besorgten. Ein wohlunterrichteter Koch muß seine Kunst förmlich studirt und alle Staffeln vom Küchenjungen bis zur Meisterschaft durchlaufen haben, doch geschieht seine Lossprechung ohne die bei andern Gewerben üblichen Formalitäten. Für ihn genügt das Selbstbewußtsein seines Talents und das durch Umstände erworbene Zutrauen Anderer zu[166] demselben. Er darf sich nach Belieben in der Stadt als Restaurant (man sage ja nicht mehr Restaurateur), Traiteur oder Garkoch etabliren, oder er tritt in herrschaftliche Dienste. Im letztern Falle muß er außer dem gehörigen Würzen und Zubereiten der Speisen auch die Kunst verstehen, sie schön anzurichten und in den zierlichsten Gestalten zur Tafel zu senden. Seine Kunst bewahrt z. B. durch mancherlei Umwicklungen den am Braten gebliebenen Schweif des Fasans,-damit er den gebratenen kenntlich überragen und die Authenticität des schmackhaften Vogels auf der Schüssel bezeugen könne. Seine geübte Hand schmückt mit den winkelrechtesten, geometrischen Figuren aus farbigen Wurzeln, Cornichons u. dgl. die Augenlust des Gourmands, die Salate; ja man sah deren, die als Triumph des Küchenfürsten ganze Labyrinthe von Gartenanlagen mit Moosbänken und gelben Sandwegen darstellten. Berühmt vorzugsweise sind die französischen Köche, welche wie die Sprach- und Tanzmeister verschrieben werden. Beispiele von wahrem Stolz auf ihr Metier sind nicht selten unter ihnen, und wenn gleich wohl Keiner mehr den Enthusiasmus für seinen Ruf so weit treiben möchte, als der Haushofmeister des Prinzen Condé, der sich erschoß, weil die frischen Austern zu einem glänzenden Diner seines Herrn nicht pünktlich anlangten, so gibt es doch Viele, die, wenn auch nicht das Leben, doch die Mußestunden dem Ruhme opfern, um durch Erfindung eines neuen Tafelaufsatzes, Ragouts oder einer köstlichen Sauce auf der glanzvollen Bahn der art culinaire fortzuschreiten, deren höchsten Gipfel gegenwärtig der Restaurant Very in Paris erstiegen hat. In neuerer Zeit scheinen die englischen Köche den französischen den Rang ablaufen zu wollen, indem die kraftvollern, substantiellern Gerichte Britanniens anfangen, fashionable zu werden. Im Oriente ist der Koch einer der wichtigsten Bedienten im Hause und geschichtliche Berühmtheit genossen die der ehemaligen Janitscharen blutigen Andenkens, deren Kessel den furchtbarsten Heerruf abgaben. Die Zahl der Köche des[167] Großherrn beläuft sich noch immer trotz den bedeutenden Reductionen der vorigen Jahre auf 500. Sie stehen sämmtlich unter dem Aschdschi-Baschi, d. i. Vorsteher der Küche, und haben Alle vollauf zu thun, um den ungeheuern Hofstaat des Serails zu speisen.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 166-168.
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