Agrarische Gesetze

[74] Agrarische Gesetze, leges agrariae, während der römischen Republik zur Regelung des Grundbesitzes von den Volkstribunen durchgesetzt. Nach dem altitalien. Völkerrechte verlor eine besiegte Stadt oder Völkerschaft einen Theil ihrer Markung an den Sieger, und so geschah es, daß Rom einen sehr beträchtlichen auswärtigen Grundbesitz gewann. Von der Benutzung desselben waren die Plebejer ausgeschlossen und die Patricier eigneten sich denselben zum Theil vollständig zu, daher seit der Errichtung des Tribunats von plebejischer Seite dahin gewirkt wurde, zum Antheil an den Staatsländereien zu gelangen und den Patriciern ein bestimmtes Maß anzuweisen. Nach mehrfachem Mißlingen brachte 366 v. Chr. der Tribun Licinius Stolo das Gesetz durch, daß [74] niemand über 500 Juch. von dem Staatslande besitzen und nicht über 100 St. Großvieh auf die Staatsweide treiben sollte. Das Gesetz wurde aber nicht gehandhabt, weil die vornehmen Plebejer das gleiche Interesse wie die Patricier verfolgten, das besitzlose Volk wuchs immer mehr an, und als Tiber. Grachus und sein Bruder (s. Grachen) das Gesetz erneuerten, war es schon zu spät und sie verloren ihr Leben in dem darüber entstandenen Aufruhre. (134 v. Chr. u. 121.) Andere Vorschläge und Maßregeln zu Ackervertheilungen unter die Bürger, Soldaten u.s.w. heißen ebenfalls leges agrariae, meistens gingen sie von vornehmen Männern aus, welche damit den Pöbel gewinnen wollten. (Zu unterscheiden sind von diesen leg. agragiae unter der Republik die Gesetze über den Grundbesitz, Feldpolizei u.s.w.). 2. Agrarische Gesetze nennt man heute alle diejenigen, welche sich auf den Grundbesitz beziehen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 74-75.
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