Märtyrer

[63] Märtyrer, griech.-deutsch, Zeugen; in der Kirchensprache Blutzeugen d.h. solche Christen, welche um ihres Glaubens willen den Tod oder doch schwere Mißhandlungen und Verbannung erlitten, während die Bekenner (s.d.) mit Verlust des Vermögens u. der bürgerlichen Ehre davon kamen. Das Kennzeichen des wahren Martyrthums liegt darin, daß der Werth des irdischen Lebens keineswegs verkannt. Sünde und Unrecht aber als ein ärgeres Uebel denn der qualvollste Tod betrachtet wird u. alle Qualen die Liebe gegen die Quäler nicht auszulöschen vermögen. Die M. waren besonders in den ersten Jahrhunderten des Christenthums sehr zahlreich (vgl. Christenverfolgungen), haben aber bis in die neueste Zeit nicht gefehlt, zumal Christenverfolgungen in großartigem Maßstabe im gegenwärtigen Jahrh. in Japan, China u.s.w. vorkamen. Der Heldenmuth der M. fand früh öffentliche Anerkennung; man feierte ihre Todestage, verlas in den Kirchen ihre Namen sowie die Geschichte ihres Leidens und Sterbens (vgl. Acta martyrum), baute ob ihren Gräbern Kapellen, Kirchen (martyria), nicht minder zu Ehren ihres Namens, sammelte ihre Reliquien und setzte dieselben zur Verehrung aus. – Die 40 M., deren Andenken im Morgenlande noch heute hochgehalten wird u. deren Gedächtniß die kathol. Kirche am 10. März feiert, waren 40 Soldaten, welche zu Sebaste in Armenien 320 n. Chr. sich lieber bis zur Brust in einem Teiche eingefrieren und schließlich verbrennen ließen als ihrem Christenglauben entsagten. – Martyrologium, Verzeichniß der M. für den kirchlichen Gebrauch, nach den Monatstagen geordnet, deßhalb von den Griechen auch Menologien, Monatsverzeichnisse, genannt. Das berühmteste griech. M. stammt aus dem 9. Jahrh. u. wurde 1727 vom Cardinal Hannibal Urbini herausgegeben; für die kathol. Kirche gab das berühmteste, das sog. röm. M., welches Heilige aller Länder umfaßt, Baronius 1586 heraus. – Heutzutage wird häufig M. genannt, wer für irgend eine Sache, z.B. wegen seiner politischen Ansichten od. Bestrebungen, leidet und verfolgt wird.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 63.
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