Psalm. 82. Deus stetit

[666] Ein warnung der Oberkeyt, Ir ampt recht zuuerwalten, sunst wölle sie Gott stürtzen.


1.

Gott selber steht in seiner gmeyn

der Fürsten vnd der Herren,

Wil selber Herr vnd richter sein,

sie soln sich lassen leren,

Spricht ›Wie lang wolt jr vnrecht thun,

fürziehen die Gotloß person

vnd laßt das vnrecht walten?


2.

Schafft dem armen vnd weysen recht,

laßt jn zum rechten kommen,

Er sei arm, reich, herr oder knecht,

so schützet stedts deu frommen,

Zeygt dem Ellenden hülff vnd trost,

daß die armen werden erlost,

fürm Gottlosen erhalten.


3.

Sie achten aber nicht mein wort

vnd lassen jn nicht sagen,

Sie gehn im finstern jmmer fort:

wann solchs die armen klagen,

Solln die Gottlosen vndergehn,

wann sie gleich wie die grundfest stehn,

dennoch würd ich sie stürtzen.
[666]

4.

Ich hab euch alle Götter gnent,

sprach, Ir seit meine kinder,

Abr weil jr mich fürn Gott nit kent,

thut meine ehr verhindern,

Solt jr sterben wie menschen kind,

wie die Tyrannen gehn zu grund,

wil euch ewrn hochmut kürtzen.‹


5.

Drumb komm, Gott, selber rab auff erd

auß deinem höchsten throne,

Dein wort vnd ehr gepredigt werd

von Christo deinem Sone,

Der ist der Erb vnd Oberherr,

wer an jn glaubt wirt nimmermehr

vmb kommen oder sterben.


6.

Herr Gott, der du Allmechtig bist,

wöllest vns solchs verleihen,

Durch vnsern heyland Jesum Christ

all vnser sünd verzeihen,

Daß wir hie durch den glauben reyn

wirdig werden bei dir zu sein,

dort deine güter erben.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 666-667.
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