[36] Absorptionskoeffizient der Gase. Für viele Gase gilt das von Henry 1805 aufgehellte Gesetz, daß sie sich bei konstanter Temperatur in einer Flüssigkeit proportional ihrem Drucke lösen; mit der Temperatur nimmt die Löslichkeit meistens sehr stark ab. Nach Bunsen [1] bezeichnet man das von der Einheit des Flüssigkeitsvolums bei Atmosphärendruck gelöste Gasvolum, letzteres gemessen ebenfalls bei Atmosphärendruck und bei 0°, als Absorptionskoeffizienten; letzterer variiert außer mit der Temperatur noch mit der Natur des Gases und des Lösungsmittels.
Wenn also das Volum V einer Flüssigkeit bei der Temperatur t und dem Drucke p Atm. υ Volumina eines Gases löst, so beträgt das auf den Normalzustand reduzierte gelöste Gasvolum
Nach dem Gesetz von Henry wäre beim Drucke 1 Atmosphäre anstatt υ' das Volum υ'/p gelöst worden, so daß der Absorptionskoeffizient α sich ergibt zu
Als Löslichkeitskoeffizienten A bezeichnet man mit Ostwald [2] zweckmäßig das Verhältnis der Konzentrationen der gelösten Substanz im Flüssigkeits- und im Gaszustande A = υ/V, welche Größe also in einer einfachen Beziehung zu α steht. Für den Absorptionskoeffizienten α einiger Gase in Wasser liefern die neueren sehr genauen Bestimmungen von Winckler [3] bei den nebenstehenden Temperaturen:
Für Kohlensäure geben Naccari und Pagliani [4] die Formel
α = 1,50620,03651 t + 0,0002917 t2
als zwischen 17 bis 27° gültig an. Eine Zusammenstellung der bisherigen Messungen findet sich in [7]. In einem Gasgemisch löst sich jedes einzelne Gas nach Maßgabe seines Absorptionskoeffizienten und seines Partialdruckes, als ob die andern Gase gar nicht zugegen wären (Gesetz von Dalton 1807). Das Gesetz von Henry gilt nur für Gase, die in Lösung gleiche Molekulargröße besitzen wie im Gaszustande (van't Hoff [5]); für im Dissoziationszustande befindliche Gase gilt obiges Gesetz für jede beliebig herausgegriffene Molekülgattung [6]. Vgl. Absorption.[36]
In wässerigen Salzlösungen [8] nimmt der Absorptionskoeffizient der Gase mit zunehmender Konzentration der Lösung erheblich ab. Für die Absorption des Stickoxyduls und des Wasserstoffs in diesen Lösungen ließ sich folgendes empirische Gesetz aufstellen: (α α1): M2/3 = Konst., worin α den Absorptionskoeffizienten des Gases in Wasser, α1 den auf die Salzlösung bezüglichen und M die Anzahl der in der Volumeinheit vorhandenen Salzgrammolekeln bedeutet. Die Konstante steigt mit sinkender Temperatur, sie ist für die Salze der zweibasischen Säuren mit zweiwertigen Metallen angenähert doppelt so groß wie für die Salze einbasischer Säuren mit einwertigen Metallen. In den Lösungen der Nichtelektrolyte ist die Abnahme der Löslichkeit weit geringer. Ueber die Absorption von Wasserstoff in Metallen wie Palladium, Eisen u.s.w. s. die Literatur unter [9].
Literatur: [1] Bunsen, Gasometrische Methoden, 2. Aufl., Braunschweig 1877. [2] Ostwald, Lehrbuch der allgem. Chemie, 2. Aufl., Bd. 1, S. 616. [3] Zeitschr. physik. Chemie, 9, 1892, S. 171. [4] Nuovo Cim., 7, 1880, S. 71. [5] Van Hoff, Zeitschr. physik. Chemie, 1, 1887, S. 481. [6] Nernst, Theoret. Chemie, 4. Aufl., Stuttgart 1903, S. 478. [7] Landolt u. Börnstein, Physikal.-chem. Tabellen, 2. Aufl., Berlin 1894. [8] Steiner, P., Wiedem. Ann., 52, 1894, S. 278; Gordon, V., Zeitschr. physik. Chemie, 18, 1895, S. 1; Roth, W., ebend., 24, 1897, S. 114. [9] Thoma, M., Zeitschr. physik. Chemie, 3, 1889, S. 69; Bellati, M., und Lussanna, S., Atti R.Ist. Venet., (6), 7. 1889; Hoitsema, Zeitschr. physik. Chemie, 17, 1895, S. 16.
F. Krüger.