Biedermeier

[832] Biedermeier (Biedermaier), der Name einer komischen Figur, die in Gedichten von Eichrodt (zuerst in den »Fliegenden Blättern« veröffentlicht) vorkommt und seitdem als Typus eines geistig beschränkten und philisterhaften, aber gutmütigen und treuherzigen Menschen sprichwörtlich geworden ist. Danach ist Biedermeierzeit eine neuerdings aufgekommene Bezeichnung für die Epoche der deutschen Geschichte vom Ende der Napoleonischen Feldzüge bis etwa 1850, wo unter dem Druck der politischen Reaktion die allgemeine Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten erlosch und das Interesse an der schönen Literatur das gesamte geistige Leben beherrschte. Infolge der Verarmung Deutschlands durch die Kriege wurden die künstlerischen Bedürfnisse auf das äußerste beschränkt, insbes. die Ausstattung der Wohnräume mit Möbeln, künstlerischem Schmuck u. dgl. Daraus entwickelte sich allmählich ein eigner Stil (jetzt Biedermeierstil genannt), der zwar seine Elemente dem Empirestil (s. d.) entnommen hatte, sie aber noch mehr bis zu kärglichster Nüchternheit unter Verzicht auf jeden entbehrlichen Schmuck vereinfachte. In diesem Stil ausgestattete Wohnräume haben sich noch vielfach erhalten, am besten im Goethehause zu Weimar; zugleich als bezeichnende Beispiele für die bescheidenen Lebensgewohnheiten jener Zeit. Vgl. Rosner, Das deutsche Zimmer im 19. Jahrhundert (im 2. Teil von Hirth, »Das deutsche Zimmer«, 4. Aufl., Münch. 1899); Folnesics, Innenräume und Hausrat der Empire- und Biedermeierzeit (Wien 1902 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 832.
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