Bohrmuscheln

[166] Bohrmuscheln (Pholadidae), Familie der Muscheln, mit vorn und hinten klaffenden Schalen ohne Schloßzähne und Schloßband. Der Mantel ist bis auf eine kleine vordere Öffnung für den Durchtritt des dicken, kurzen Fußes rings geschlossen; die Siphonen (Atemröhren) sind z. T. sehr lang (s. Tafel »Muscheln«, Fig. 6). Die B. leben teils am Strand und graben sich in Schlamm und Sand ein, teils bohren sie in Holz, Kalkfelsen und Korallen Gänge, aus denen sie die Siphonen hervorstrecken. Bei den eigentlichen B. (Pholas, Fig. 1) sind die Schalen ziemlich groß. Sie bohren sich nicht tief unter dem Wasserspiegel, am liebsten in kalkige, senkrechte Felsen ein. Ihre Galerien sind besonders an steinigen und felsigen Ufern durch die konstante Höhe unter dem Wasser ein treffliches Kennzeichen für alte Strandlinien und frühere Höhen des Meeresspiegels. In sehr weichem Material bohren sie wohl nur mit dem Fuß, in härterm aber mit vielen kleinen Raspelzähnen am vordern Teil der Schale, die sich dabei deutlich abnutzen. Arten von B. finden sich in allen Meeren und werden als Speise geschätzt, wie die Dattelmuschel (Seedattel, Pholas dactylus, Fig. 1). Die Bohr-, Schiffs- oder Pfahlwürmer (Teredo navalis, Fig. 6) richten in Häfen und Werften große Verwüstungen am Holz an. Die 15–20 cm langen, wurmförmigen Tiere besitzen nur eine kleine, verkümmerte Schale und stecken größtenteils in einer nach hinten verschmälerten Kalkröhre. Von den 8–10 Arten finden sich einige auch in unsern Meeren. Die Larven schwimmen frei (Fig. 6 a) und besitzen eine gut entwickelte, zweiklappige [166] Schale, die den Körper in der Ruhe völlig einschließt; sie setzen sich später am Holz fest und entwickeln sich hier allmählich zum Bohr- oder Pfahlwurm (Fig. 6). Gut existieren kann das Tier nur in klarem Wasser von bestimmtem Salzgehalt; bei Zufluß von zu viel süßem Wasser stirbt es, während man enorme Vermehrung beobachtet hat (zuletzt 1858 und 1859), wenn es wenig regnet. Gegen B. schützt Teeranstrich nur auf kurze Zeit, dagegen bleibt mit Kreosot durchtränktes Fichtenholz verschont, während Eichenholz weniger Widerstand leistet. In Amerika hat man erfolgreich die Pfähle mit Hilfe eines Metallmantels mit einer Mischung aus 1 Portlandzement, 2 Sand, 3 Kies umgossen. – Auch die zu den Miesmuscheln gehörige Steindattel bohrt Löcher in Felsen (s. Steindattel); ebenso Saxicava rugosa aus der Familie der Steinbohrer (Saxicavidae).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 166-167.
Lizenz:
Faksimiles:
166 | 167
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika