[430] Kain (hebr., wahrscheinlich »Erwerb«, »der Hervorgebrachte« 1. Mos. 4,1), erstgeborner Sohn Adams, trieb Ackerbau, tötete seinen Bruder Abel, weil nur dessen Opfer Gott wohlgefiel, und mußte seitdem, durch ein Zeichen (Kainszeichen, 1. Mos. 4,15) gegen Blutrache geschützt, unstet umherirren, bis er sich zuletzt im Lande Nod niederließ, wo er ein hohes Alter erreichte. Im Gegensatz zu Abel ist K. im Verein mit seinen Nachkommen der Begründer des seßhaften Lebens und weltlicher Kultur. Neuere Forscher finden in dem biblischen Bericht über K. zwei Sagengestalten zu einer vereinigt, den Brudermörder, der das palästinische Kulturland verläßt, und den Städtebauer, den Stammvater der Kainiten (1. Mos. 4,1724), deren ersten Vertretern bereits wichtige Erfindungen zugeschrieben werden. Kains Gattin wird in der Sage Save genannt. Nach ihm nannten sich die Kainiten, eine gnostische Schwärmersekte des 2. Jahrh. n. Chr. Wie die Tat Kains, als des ersten Mörders, durch den der Tod in die Welt kam, ein Lieblingsgegenstand der ältern (s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 2) wie der neuern Kunst wurde, so hat auch die Dichtung das poetische Motiv der biblischen Erzählung erfaßt und in mannigfacher Weise gestaltet. Schon in dem frühesten Drama der neuern Zeit, im altfranzösischen »Adam« (12. Jahrh.), wird Kains Verbrechen mit breiter Ausführlichkeit dargestellt. Im allgemeinen ist die Darstellung Kains bei den ältern Dichtern, so namentlich in den biblischen und Schuldramen des 16. und 17. Jahrh., naiv; bei den spätern, besonders seit Byrons Tragödie »Cain«, u. eigentümlicher Weise reflektiert. Eine charakteristische Probe der letztern Auffassung ist Kastropps Epopöe »K.« (Stuttg. 1880).