Libanĭos

[502] Libanĭos, griech. Sophist, 314–393 n. Chr., aus Antiochia in Syrien, eröffnete schon mit 25 Jahren in Konstantinopel eine Schule, die rasch zu hohem Ansehen gelangte, verlegte sie aber, infolge der Intrigen seiner Neider ausgewiesen, 344 nach Nikomedia. Nach fünf Jahren nach Konstantinopel zurückberufen, wirkte er dort längere Zeit, bis er 354 für immer nach seiner Vaterstadt übersiedelte. Hier war er bis in sein hohes Alter als vielbesuchter Lehrer der Beredsamkeit und unermüdlicher Vorkämpfer des bedrängten Hellenismus tätig und erfreute sich ungemeinen Ansehens und Einflusses, namentlich bei Kaiser Julian, der ihm die Würde eines Quästorius verlieh. Wiewohl Heide, war er doch gegen Christen duldsam und blieb mit seinen Schülern Basilius und Johannes Chrysostomus trotz ihres Übertritts zum Christentum in freundschaftlichem Verkehr. Ein überaus fruchtbarer Schriftsteller, der namentlich den Demosthenes geschickt nachzuahmen verstand, daher man ihn auch den kleinen Demosthenes nannte, hat L. eine sehr große Zahl von Schriften hinterlassen. Sein Hauptruhm beruhte auf seinen Reden, deren 68 erhalten sind. Sie sind wichtig für die Zeitgeschichte, wie die 6 auf Julian, ebenso wie die erhaltenen 1607 Briefe (400 angebliche in lateinischer Übersetzung sind Fälschung eines Humanisten). Außerdem besitzen wir[502] von ihm eine ganze Reihe von Schulschriften, Deklamationen, Progymnasmata, Inhaltsangaben (Hypothesen) der Demosthenischen Reden, auch eine Lebensbeschreibung des Demosthenes u.a. Ausgaben der Reden und Deklamationen von Reiske (Altenb. u. Leipz. 1784–97, 4 Bde.), der Briefe von Wolf (2. Ausg., Amsterd. 1738), der »Opera« von R. Förster, (Leipz. 1903–04, 2 Bde.). Vgl. Petit, Essai sur la vie et la correspondance du sophiste L. (Par. 1866); Sievers, Das Leben des Libanius (Berl. 1868); Förster, Frane. Zambeccari und die Briefe des L. (Stuttg. 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 502-503.
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