Lichtenau [2]

[515] Lichtenau, Wilhelmine, Gräfin von, Geliebte Friedrich Wilhelms II. von Preußen, geb. 29. Dez. 1752 in Potsdam. gest. 9. Juni 1820 in Berlin, war die Tochter des Musikers Enke aus Hildburghausen. Der damalige Prinz von Preußen, nachmalige König Friedrich Wilhelm II. lernte sie im Hause ihrer ältern Schwester, die Figurantin bei der Italienischen Oper in Berlin war, in ihrem 13. Jahre kennen, ließ sie in Potsdam und Paris geistig ausbilden und trat in ein vertrautes Verhältnis zu ihr. Nachdem sie ihm fünf Kinder, die Grafen und Gräfinnen von der Mark, geboren, ward sie 1782 mit einem Kammerdiener, Rietz (Ritz), vermählt, der nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms zum Geheimkämmerer ernannt wurde. Obwohl die Rietz in der Gunst des Königs von der Gräfin Voß, dann von der Dönhoff verdrängt wurde, erhielt sie sich doch dessen Freundschaft, ward 1796 zur Gräfin von L. ernannt und bei Hof eingeführt; auch schenkte ihr der König 500,000 Tlr. sowie mehrere Güter und stattete ihre Tochter, Gräfin Marianne von der Mark (ein Sohn, Graf von der Mark, starb 9 Jahre alt; vgl. sein Grabdenkmal von Schadow auf Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 5 u. 6), bei ihrer Heirat mit dem Grafen Stolberg mit 200,000 Tlr. aus. Sie besaß des Königs Neigung und Vertrauen, das sie übrigens nicht mißbrauchte, bis zu seinem Tod (1797). König Friedrich Wilhelm III. ließ sie sofort verhaften, aber der eingeleitete Prozeß ergab nichts Belastendes. Dennoch wurde sie in Glogau interniert und erhielt ihre Freiheit erst gegen eine unbedingte Verzichtleistung auf ihr gesamtes Vermögen, wogegen ihr eine jährliche Pension von 4000 Tlr. bewilligt wurde. Eine Ehe, die sie mit dem Theaterdichter v. Holbein 1802 einging, wurde 1806 wieder getrennt. 1811 erhielt sie einen Teil ihrer Güter zurück. Vgl. »Der Gräfin L. Apologie«, herausgegeben von Schummel (Bresl. 1808, 2 Bde.); ihre 1808 erschienenen angeblichen Memoiren sind unecht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 515.
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