[666] Lohnbeschlagnahme nennt man im rechtlichen Sinne die Pfändung des noch nicht verdienten, zukünftig geschuldeten Lohnes, Gehaltes, Honorars etc. für Arbeiten oder Dienste, die auf Grund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses geleistet werden. Mit Rücksicht auf die große sozialpolitische Bedeutung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Menschen als dem Hauptfaktor aller Vermögenswerte wurde das Produkt dieser Leistungsfähigkeit, die in Geld umgesetzte Arbeit, der Lohn, durch das Reichsgesetz über die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes vom 21. Juni 1869, abgeändert durch Gesetz vom 23. März 1897 einem weitgehenden Schutz unterstellt. Zunächst kann nur der bereits verdiente Lohn und erst dann mit Beschlag belegt werden, wenn der Zahltag vorüber ist, ohne daß er von dem Vergütungsberechtigten eingefordert worden ist. Eine Umgehung dieser Vorschrift durch Vertrag seitens des Arbeitnehmers ist unzulässig, ebensowenig kann er durch Abtretung, Anweisung, Verpfändung etc. sich seinen zukünftigen und noch nicht erhobenen Lohn verkümmern oder ganz entziehen. Alle dahin zielenden Rechtsgeschäfte sind völlig wirkungslos und nichtig, so daß der dritte hieraus keinerlei Rechte erwirbt. Ein Aufrechnen seitens des Arbeitgebers gegen die Lohn forderung des Arbeiters ist dagegen nicht ausgeschlossen. Das Gesetz findet keine Anwendung, die Pfändung erfolgt also ohne Rücksicht auf Höhe, Fälligkeit und Einforderung der Vergütung oder auf Leistung der Arbeit, bei Lohnforderungen solcher Personen, die in keinem Arbeits- oder Dienstverhältnis stehen, z. B. Rechtsanwalte, Ärzte, selbständige Geschäfts- und Handwerksleute, bei Ansprüchen aus den Gehältern und Dienstbezügen öffentlicher Beamter, bei bereits ausgezahlten Löhnen und Gehältern, bei Pensionen von Privatangestellten, bei bereits fälligen, aber nicht abgehobenen Lohnforderungen, bei Forderungen, die insgesamt 1500 Mk. für das Jahr übersteigen, bezüglich des diese Summe übersteigenden Betrags, bei der Beitreibung der direkten persönlichen Staatssteuern und Kommunalabgaben, falls sie nicht länger als drei Monate fällig waren. Endlich findet das Gesetz keine Anwendung auf die Beitreibung der den Verwandten, dem Ehegatten und dem frühern Ehegatten für die Zeit nach Erhebung der Klage und für eas diesem Zeitraum vorausgehende letzte Vierteljahr kraft Gesetzes zu entrichtenden Unterhaltsbeiträge. Auf die Beitreibung der zugunsten eines unehelichen Kindes (also nicht zugunsten der Kindsmutter!) von dem Vater kraft Gesetzes zu entrichtenden Unterhaltsbeiträge findet das Lohnbeschlagnahmegesetz nur insoweit Anwendung, als der Schuldner seiner Lohnbezüge bedarf zur Bestreitung seines notdürftigen Unterhalts und zur Erfüllung der ihm gegenüber seinen Verwandten, seiner Ehefrau oder seiner frühern Ehefrau gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht. Es unterliegen also der Pfändung alle Bezüge, die zur Erfüllung dieser Unterhaltspflicht nicht notwendig sind. Konkurrieren jedoch Unterhaltsansprüche der genannten Verwandten und der unehelichen Kinder, so gehen Unterhaltsforderungen der Verwandten für die Gegenwart, gleichviel ob und wann sie eingeklagt sind, dem Pfändungsansprüche des unehelichen Kindes vor. Nicht eingeklagte rückständige Unterhaltsforderungen der Verwandten treten hinter die durch Pfändung gesicherten Ansprüche des unehelichen Kindes zurück. Rückständige, vor dem Anspruche des unehelichen Kindes eingeklagte Unterhaltsforderungen der Verwandten gehen für die Zeit vom Beginn des der Klage vorausgehenden Vierteljahres ab allen Ansprüchen des unehelichen Kindes vor. Die Beschlagnahme erfolgt durch Pfändung, die nach § 828 der Zivilprozeßordnung beim Amtsgericht zu beantragen ist. In Österreich sind der Beschlagnahme (Exekution) gänzlich entzogen der Geding- und Schichtlohn der Bergarbeiter. Im beschränkten Maß ist Exekution zulässig bezüglich der Bezüge der im öffentlichen Dienste stehenden Personen. Von diesen Bezügen ist nur ein Drittel der Exekution unterworfen, und auch dieses mit der Beschränkung, daß dem Verpflichteten von der Gesamtsumme seiner Bezüge ein Jahresbezug von 1600 Kronen freibleibt. Erfolgt die Beschlagnahme aber für Alimenteforderungen, so ist nur ein Betrag von 800 Kronen freizulassen. Vgl. G. Meyer, Das Recht der Beschlagnahme von Lohn und Gehaltsforderungen (2. Aufl., Berl. 1904).