Rederijkers

[678] Rederijkers (holländ., spr. -reikers, volksetymologische Umbildung v. franz. rhétoricien, das gegen den Ausgang des Mittelalters soviel wie Dichter bezeichnete), die Mitglieder der Redekammern, d. h. poetischer Vereine, die in den Niederlanden am Ende des 14. Jahrh. vorzüglich aus den geistlichen Bruderschaften entstanden und sich anfangs auf die Durchführung von geistlichen Spielen (Mysterien und Mirakelspielen) beschränkten, später aber auch MoralitätenSinnespelen«), biblische Dramen und Possen (Kluchten oder Cluyten) ausführten und damit und mit Refraingedichten und Liedern auf den Dichtwettkämpfen, »Refereinfeesten und Haeghspelen«. in Flandern »Landjuweelen« genannt, untereinander um den Preis kämpften. Die Führung der Kammern war wie bei den Gilden einigen Obmännern (Hoofdlieden) anvertraut, und darunter war ein Schirmherr (Prinz oder Kaiser genannt), ein Dekan, ein Bannerträger, ein Kammernarr und ein Faktor (d. h. Dichter). Jede Kammer hatte ein Wappenschild (Blazoen) mit symbolischer Bedeutung und einen dementsprechenden Denkspruch (Zinsprenk oder Devies). In Belgien waren die Adeligen Ehrenmitglieder, in Holland bestanden die Kammern nur aus Bürgerlichen. Nicht ohne Grund mag »rederijkers-kannekijkers« sprichwörtlich geworden sein. Die erste Redekammer entstand in YpernAlpha und Omega«, gegründet 1398), dann folgten Antwerpen (1400), Brüssel (1401), Courtrai (1427), Brügge (1428), Middelburg (1430), Vlaerdingen (1433), Gouda (1437), AmsterdamIn liefde boeyende«, gegründet 1496). Das bedeutendste Landjuweel fand in Antwerpen 3. Aug. 1561 statt, wo die Stadt eine Tonne Goldes für die Siegespreise spendete. Ende des 15. Jahrh. war die Kammer in Gent von Einfluß auf die flämische Literatur. Nach dem Freiheitskriege gegen die Spanier verfielen die Redekammern, lebten aber in Belgien noch bis ins 19. Jahrh. fort, in den nördlichen Niederlanden verschwanden sie bereits in der zweiten Hälfte des 17. und der ersten des 18. Jahrh. Vgl. Niederländische Literatur, S. 655. Die neuen, in den Niederlanden um 1840 gegründeten »Rederijkerskamers« sind Vereine zur Übung in der Deklamation; doch führen sie dann und wann auch moderne Schauspiele auf. Auch ihre Blütezeit ist jetzt schon vorüber. Vgl. Prud. van Duyse, De rederijkkamers in Nederland (Gent 1903, 3 Tle.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 678.
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