Rodin

[47] Rodin (spr. rŏdäng), Auguste, der genialste und eigenartigste französische Bildhauer der Gegenwart, geb. 1840 in Paris, war anfangs Schüler des Tierbildners Barye, arbeitete von 1864–70 in der Werkstatt von Carrier-Belleuse und war dann sieben Jahre lang in Brüssel gemeinsam mit dem belgischen Bildhauer van Rasbourg an der Ausschmückung der dortigen Börse tätig. Nachdem er 1875 im Pariser Salon mit einer Büste des Architekten Garnier debütiert hatte, erzielte er 1877 seinen ersten Erfolg mit der Statue eines nackten Mannes, einer Personifikation des eisernen Zeitalters, die durch die ungewöhnliche Energie der Charakteristik und die kühne realistische Behandlung allgemeines Aufsehen erregte und in Bronzeausführung für das Luxembourg-Museum angekauft wurde (ein zweites Exemplar in der Berliner Nationalgalerie). Auch die Bronzestatue eines predigend einherschreitenden Johannes des Täufers (1881) und eine Danaïde wurden in den folgenden Jahren für dasselbe Museum erworben. Noch weiter ging R. in der Kühnheit der realistischen Darstellung in einigen zum Teil leidenschaftlich bewegten Gruppen, wie in der Erschaffung des Menschen (1880), dem Kuß (Marmorgruppe im Luxembourg-Musemu) und dem Ausruf zu den Waffen. Seine bedeutendsten öffentlichen Denkmäler sind die Bourgeois de Calais, eine Gruppe von Bürgern, die sich 1347 bei der Belagerung durch die Engländer aufopfern, und das Denkmal Victor Hugos für das Pantheon. Eine Statue Balzacs (1898), die von der Pariser Société des Gens de Lettres bestellt worden war, um als Denkmal in Paris aufgestellt zu werden, wurde wegen ihrer Skizzenhaftigkeit abgelehnt. Außerdem hat R. eine Anzahl[47] durch scharfe Charakteristik und große Lebendigkeit der Darstellung ausgezeichnete Porträtbüsten, unter denen die der Maler Laurens und Puvis de Chavannes und der Bildhauer Dalou und Falguière hervorragen, zahlreiche, zum Teil ungemein bewegte kleinere Figuren und Gruppen und mehrere geistvolle Kaltnadelradierungen geschaffen. Sein letztes großes Werk, an dem er lange Jahre gearbeitet hat, ist die Pforte zur Hölle. Vgl. Maillard, Auguste R., statuaire (Par. 1899); Brieger-Wasservogel, Auguste R. (Straßb. 1903); Rilke, Auguste R. (Berl. 1904); Lawton, The life and work of Auguste R. (Lond. 1906); Spezialnummer der »Maîtres Artistes«, 15. Okt. 1903 (mit Bibliographie von Marguillier).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 47-48.
Lizenz:
Faksimiles:
47 | 48
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika