[988] Vagánten (lat., »Umherstreifer«), im allgemeinen soviel wie Fahrende Leute (s. d.), insbes. die fahrenden Schüler (vagi scholares) des Mittelalters (mit Anspielung auf ihre Zechlust auch Bacchanten, Bacchusbrüder, genannt), die, gleichsam ein besonderer Stand von charakteristischem Gepräge, bis ins Reformationszeitalter hinein erschienen, namentlich aber in der geistigen Bewegung des 12. und 13. Jahrh. eine scharf bestimmte Richtung vertraten. Zeuge dessen ist die wertvolle Sammlung ihrer frischen, in lateinischen, meist gereimten Versen abgefaßten Lieder (»Carmina Burana«, s. d.), die eine auf klassischer Bildung beruhende, üppige Lebensheiterkeit atmen und zugleich die Gebrechen der Berufsstände, besonders der Geistlichkeit, mit scharfer Satire geißeln.[988] In Frankreich gaben sich seit dem 12. Jahrh. die V. den Namen Goliarden (s. d.), der verschieden erklärt, zumeist aber von einem vorgeblichen Haupte des Bundes Golias (Goliath?) abgeleitet wird. Vgl. Giesebrecht, Über die V. oder Goliarden und ihre Lieder (»Allgemeine Monatsschrift«, 1853); Büdinger, Über einige Reste der Vagantenpoesie in Österreich (Wien 1854); Hubatsch, Die lateinischen Vagantenlieder des Mittelalters (Görl. 1870); »Golias, Studentenlieder des Mittelalters« (aus dem Latein. von Laistner, Stuttg. 1879); Pernwerth von Bärnstein, Carmina burana selecta (Würzb. 1879) und Ubi sunt qui ante nos in mundo fuere? (das. 1881); Mischke, Der fahrenden Schüler Liederbuch. Eine Auswahl der Vagantengesänge in modernen Übertragungen (Berl. 1892).