Eros [1]

[866] Eros (gr., lat. Amor), Gott der Vereinigung u. Eintracht, bes. der Liebe. E. gehörte ursprünglich mehr den ältesten sinnlich philosophirenden Kosmogonien als Symbol des Werdens od. der Vereinigung des Getrennten u. Gleichartigen an. Er heißt der erste Gott, welcher entstand, als die ersten bestimmten Gestaltungen aus dem Chaos hervorgehen sollten. Nach der Zeit der großen Tragiker gestalteten die Dichter diesen Schöpfungsgott zum zarten Gott der Liebe u. machten ihn zum Sohn der Aphrodite von Zeus od. Ares u. benannten nach ihm die Liebesgötter Erōtes. Da der junge E. nicht zunehmen wollte, so gab Aphrodite ihm in Anteros (Gegenliebe, od. nach der ältesten Vorstellung den rächenden Genius verschmähter Liebe), ihrem u. des Ares Sohn, einen Gespielen, worauf E. heiter wurde, aber stets in Traurigkeit versank, wenn Anteros floh. E. ist nicht allein der Gott der geschlechtlichen Liebe, sondern auch der Liebe u. Freundschaft zwischen Männern; so war ihm die Heilige Schaar der Thebanischen Jünglinge geweiht, u. in Athen wurde er als Befreier verehrt, weil die Freunde Harmodios u. Aristogiton die Stadt von der Herrschaft der Pisistratiden befreit hatten. Darstellungen: als geflügelter Knabe, mit Köcher u. Bogen; er reitet auf Löwen, Panthern, Tigern etc. als Alles bezwingender Gott (daher Pankokrator). Man hat mehrere Darstellungen von ihm aus dem Alterthume. Mit Anteros wird er dargestellt um einen Schmetterling od. um einen Palmzweig streitend. Bes. gaben die Darstellungen von Amor u. Psyche (s. Psyche) das Sujet zu zahlreichen Bildwerken, die aus den Orphischen Geheimnissen hervorgingen. Von neueren Künstlern hat Algardi (Gallerie Leuchtenberg in München) E. u. Anteros als 2 ringende Knaben in einer Marmorgruppe dargestellt. Zuweilen erscheinen mit ihm Pothos (Liebesverlangen) u. Himeros (Liebreiz). Die Erosfeste (Erotĭen, Erotidĭen) waren am glänzendsten zu Thespiä, sie wurden dem E. u. den Musen unter Spielen u. Wettkämpfen von Tonkünstlern u. An deren alle 5 Jahre gefeiert. Die späteren neuplatonischen Philosophen faßten den alten E. wieder auf u. bildeten daraus ein Schöpfungsprincip des Alls.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 866.
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