Amphion

[72] Amphīon war ohne Zweifel einer der ältesten griech. Tonkünstler, der namentlich die Lyra, deren Saiten er vermehrte, mit ausgezeichneter Fertigkeit gespielt, sein Volk für die Musik empfänglich und dadurch gesitteter gemacht haben mag. Nach der griech. Sage ist er ein Sohn des Zeus und der Antiope, ward mit seinem Bruder Zethus gleich nach der Geburt ausgesetzt, von Hirten aber aufgefunden und erzogen. Als Zögling der Musen soll er der Lyra so süße Töne entlockt haben, daß selbst reißende Thiere, Flüsse, Felsen und Bäume durch sein Spiel bezaubert wurden. Nachdem er den König Lykus erschlagen, dessen Reich in Besitz genommen und sich mit Niobe vermählt hatte, gründete er die Stadt Theben, die er mit einer Mauer umschloß, wobei die Steine den Tönen seiner Lyra folgten und sich von selbst zusammenfügten. Die Rache, welche beide Brüder an ihrer Stiefmutter Dirke nahmen wegen der Grausamkeit, die sie an ihrer Mutter, Antiope, verübt, ward durch ein Kunstwerk, welches unter dem Namen des »Farnesischen Stiers« bekannt ist, verherrlicht. Dasselbe ist aus Marmor gearbeitet und stellt die Brüder dar, wie sie die Dirke an den Hörnern eines wilden Stiers befestigt haben, den sie im Begriffe sind, loszulassen. Es stammt aus der Zeit Alexander's des Großen, ward unter dem Kaiser Caracalla, in dessen Bädern es aufgestellt war, restaurirt, erst 1546 wieder aufgefunden, dann im Palaste Farnese zu Rom aufgestellt, woher es auch seinen Namen erhielt, und 1786 nach Neapel gebracht, wo es sich noch gegenwärtig befindet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 72.
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