[78] Ancillon (Friedr.), kön. preuß. Staatsminister und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, geb. zu Berlin am 30. Apr. 1767, ist der Sohn Ludw. Friedr. A.'s, eines Mannes, der durch Geist und Gelehrsamkeit sich auszeichnete, und ein Enkel Charles A.'s, der wegen der Bedrückungen, welche die Protestanten in Frankreich zu erdulden hatten, aus seiner Vaterstadt Metz auswanderte und sich nach Berlin wendete, wo er in hohen Würden 1715 starb. Seine trefflichen Anlagen bildete A. durch Fleiß unter der Leitung seines würdigen Vaters frühzeitig aus, widmete sich dem Studium der Theologie und ward sogleich nach der Rückkehr von der Universität 1790 als Prediger an der Werder'schen Kirche der reformirten Gemeinde zu Berlin und 1792 auch als Professor der Geschichte bei der kön. Militairakademie angestellt. Als Lehrer wie als Prediger gleich ausgezeichnet, erregte er die Aufmerksamkeit des Hofes insbesondere durch eine Traurede, die er 1791 zu Rheinsberg im Beisein des Prinzen Heinrich von Preußen hielt. Er ward 1803 zum Historiographen des preuß. Staats ernannt, 1804 in die kön. Akademie der Wissenschaften aufgenommen und trat 1809 als Staatsrath bei dem Departement des Cultus und des öffentlichen Unterrichts in das kön. Ministerium des Innern ein. Als Erzieher des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen erwählt, legte er 1810 seine Predigerstelle und Professur nieder und widmete sich sodann mit Umsicht und Eifer diesem erhabenen Berufe. Mit ihm reiste er 1814 nach Paris, wo er, durch seine [78] franz. geschriebenen Schriften rühmlichst bekannt, überall die ehrenvollste Aufnahme fand. Nach seiner Rückkehr ernannte ihn der König zum wirklichen geheimen Legationsrathe, später zum Mitgliede des Staatsraths und gesellte ihn der Commission bei, welche die Verfassungsurkunde des preuß. Staates auszuarbeiten beauftragt war. Mit regem Eifer nahm er an Allem Theil, was das Wohl des preuß. Staates fördern konnte und gewann dadurch immer mehr die Gewogenheit des Königs. Nachdem er seit 1825 Director der politischen Section im Ministerium gewesen, ward er 1831 zum Staatssecretair der auswärtigen Angelegenheiten ernannt und schon 1832 zu den Würden erhoben, die er gegenwärtig bekleidet. Würdevolles Auftreten des preuß. Staates in den europ. Angelegenheiten und Vermittlung des Friedens sind die beiden Punkte, welche A. mit tiefer Einsicht und Energie verfolgt. Ein eifriger Anhänger des Königthums und insbesondere des kön. preuß. Hauses, fand die gesetzliche Freiheit an ihm stets einen ernsten Vertheidiger. Unter seinen, mit vielem Beifall aufgenommenen Schriften die theils in franz., theils in deutscher Sprache abgefaßt sind, erwähnen wir nur die neueste, »Zur Vermittlung der beiden Extreme in den Meinungen« (2 Bde., Berl. 1828–31).