Belehnung

[213] Belehnung, Beleihung oder Investitur nennt man die feierliche Verleihung eines Lehns (s.d.) an Jemand, welcher dadurch der Vasall des Übertragenden, des sogenannten Lehnsherrn wird. Ist mit ihr zugleich die Übertragung des Besitzes verbunden, so heißt sie die eigentliche, im entgegengesetzten Falle die uneigentliche Belehnung oder die Belehnung ohne Gewähr. Die letztere berechtigt den Beliehenen zur Klage auf die Einräumung des Lehns nicht blos gegen den Lehnsherrn selbst, sondern auch gegen jeden Andern, welcher dasselbe im Besitz hat. Die Belehnung kann durch einen Bevollmächtigten sowol geschehen, als empfangen werden; doch verlangen die Gesetze einzelner [213] Länder auch die persönliche Anwesenheit. Der Ort der Belehnung ist in der Regel der Lehnhof, und die Rechtsübertragung geschieht entweder durch eine bloße Erklärung des Lehnsherrn oder durch irgend ein äußeres Zeichen, daher der Ausdruck symbolische Investitur, woraus nach Verschiedenheit der Zeiten sehr verschiedene Belehnungsarten entstanden sind, wie z.B. Belehnungen mit Fahne, Scepter, Pferd, Helm, Kuß u.s.w. Über die geschehene Belehnung wird vom Lehnsherrn in der Lehnskanzlei eine förmliche Urkunde, der Lehnbrief, ausgefertigt, welcher das Bekenntniß der vollzogenen Belehnung, eine Beschreibung des Lehns, die sonst noch getroffenen Verabredungen enthält und wofür der Vasall bestimmte Gebühren zu entrichten hat. Kann der Lehnbrief nicht gleich in der gehörigen Form ausgefertigt werden, so erhält der Vasall vorläufig einen Lehnschein. Eine besondere Art der Belehnung ist die mit Ring und Stab, worunter man die Besetzung der höhern geistlichen Stellen verstand. Diese geschah nämlich durch Verleihung eines Ringes und Stabes, wovon jener die Vermählung des Beliehenen mit der Kirche, dieser das ihm übertragene Hirtenamt bezeichnen sollte. Im 11. Jahrh. entstand hierüber ein heftiger Streit, indem Papst Gregor VII. den Satz aufstellte, daß die Bischöfe nur von der Kirche, nicht aber von der weltlichen Macht die Investitur empfangen könnten. Dieser Streit wurde 1122 durch das wormser Concordat zwischen Heinrich V. und Papst Calixtus II. dahin entschieden, daß den weltlichen Fürsten nur die Belehnung mit den weltlichen Regierungsrechten, welche durch Übergabe eines Scepters geschah, zustehe und diese erst nach Übertragung des geistlichen Amtes durch den Papst geschehen könne. Durch die Reformation gelangten indeß die protestantischen Fürsten wieder in den Besitz ihrer frühern vollen Rechte der Amtsübertragung, nur fielen die symbolischen Gebräuche weg. Hinsichtlich der Ausübung dieser Rechte einigen sich katholische und protestantische Fürsten mit katholischen Unterthanen durch Concordate mit dem Papste.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 213-214.
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