Brutus

[338] Brutus (Lucius Junius), ein Sohn des Marcus Junius und einer Tochter des röm. Königs Tarquinius des Ältern, entging, indem er sich einfältig stellte, der Verfolgung seines Vetters, des letzten röm. Königs Tarquinius Superbus, der alle Mitglieder der Familie B. zu vertilgen suchte, weil er Ansprüche auf die Regierung von ihnen befürchtete. Als aber des tyrannischen Tarquinius wollüstiger Sohn Sextus die Gemahlin des Tarquinius Collatinus, die edle und schöne Lucretia, entehrt und diese sich deshalb den Dolch in die Brust gestoßen hatte, entsagte B. seiner Verstellung und benutzte diesen Vorfall, um die allgemeine Unzufriedenheit bis zum Aufstande zu steigern. Er ließ den blutigen Leichnam Lucretia's öffentlich ausstellen, schwur den Tarquiniern Rache, vermochte das Volk, die kön. Regierung für immer abzuschaffen und B. und der Witwer Lucretia's [338] traten 509 v. Chr. als die ersten gemeinschaftlichen Consuln an die Spitze des jungen Freistaates. Bald wurde aber des B. Vaterlandsliebe auf eine harte Probe gestellt, indem seine Söhne sich mit andern vornehmen Römern in eine von Tarquinius angezettelte Verschwörung zur Herstellung der kön. Gewalt einließen. Der Plan ward aber entdeckt; B. sprach über die verhafteten Schuldigen und die eignen Söhne in der Volksversammlung öffentlich das Todesurtheil aus und blieb standhaft bei der Vollziehung desselben. Tarquinius hatte indessen mit Hülfe der Etrusker ein Heer gesammelt und zog gegen Rom, dessen Bürger ihm unter Anführung der Consuln entgegenrückten. B. befehligte die Reiterei und stieß gleich im Anfange der Schlacht auf Aruntius, den Sohn Tarquin's; Beide sprengten aufeinander los, durchbohrten sich gleichzeitig mit ihren Lanzen und so starb B. selbst den schönen Tod für die heilige Sache der röm. Freiheit. – Brutus (Marcus), der von der Geschichte mit dem Namen des letzten Römers geehrte Erbe der Gesinnungen des Vorigen, geb. 85 v. Chr., lebte zur Zeit der Bürgerkriege zwischen Julius Cäsar und Pompejus. Seine Mutter Servilia war Cäsar's Geliebte gewesen, weshalb B. von diesem sehr vorgezogen und wie ein Sohn betrachtet wurde, dennoch aber gegen denselben focht, als Pompejus sich zum Vertheidiger der röm. Freiheit aufwarf, ungeachtet Letzterer seinen Vater getödtet hatte. Nach der unglücklichen Schlacht bei Pharsalus (48 v. Chr.) ergab sich jedoch B. dem Cäsar, der ihn freundlich aufnahm, ihm die Statthalterschaft von Oberitalien anvertraute und durch die Bande der Liebe und Dankbarkeit an sich zu knüpfen suchte. Dennoch wurde B. das Haupt einer von freiheitsliebenden Römern gestifteten Verschwörung gegen Cäsar (s.d.), der hierauf im Senat ermordet wurde. Daß B. öffentlich die Beweggründe dieser Blutthat dem Volke erklärte, vermochte dessen Unwillen darüber nicht zu beschwichtigen und dieser brach später, genährt von Marcus Antonius (s.d.) in einen allgemeinen Aufstand aus, der die Verschworenen zur Flucht aus Rom nöthigte. Während sie nach Griechenland und Asien gingen und dort Truppen anwarben, wurden sie in Rom zur Verbannung und zum Verluste ihrer Güter verurtheilt, und man rüstete sich, sie zu bekriegen. Der Streit beider Parteien wurde bei Philippi in Macedonien durch zwei blutige Schlachten (41 v. Chr.) entschieden. B. entkam aus der letzten nur mit wenigen Freunden und an seiner Sache verzweifelnd, wollte er von Freundeshand sterben und bat seinen Vertrauten Strato, ihn zu tödten. Nach langem Bitten hielt ihn dieser endlich mit abgewandtem Antlitz sein Schwert entgegen, B. stürzte sich hinein und hauchte mit unbeugsamem Römermuthe seine Seele aus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 338-339.
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