Canova

Canova

[376] Canōva (Antonio), einer der berühmtesten ital. Bildhauer neuerer Zeit, dessen Werke dazu beitrugen, die von I. I. Winckelmann ausgegangene Wiedererhebung der in Unnatur versunkenen Bildhauerkunst (s.d.) zu beschleunigen und der eine sich noch in Italien geltend machende Schule gründete, die durch vorzugsweises Streben nach Anmuth und Liebreiz der Darstellung und Weichheit in der Behandlung des Marmors sich auszeichnet, wurde 1757 in dem venetian. Dorfe Possagno geboren und nach dem frühzeitigen Tode seiner Ältern im Hause seines Großvaters erzogen.

Der Wohlstand jener Gegend beruht hauptsächlich auf einer Steinart, die dort gebrochen und zu vielerlei Dingen verarbeitet wird, welchem Geschäft auch C. sich frühzeitig hingeben mußte. In seinem 14. Jahre erregte er dabei durch besondere Geschicklichkeit die Aufmerksamkeit des venet. Nobile Falieri, der ihn hierauf bei einem unbedeutenden Bildhauer in Bassano unterbrachte, mit welchem C. zwei Jahre später nach Venedig zog, wo er bald Gelegenheit fand, die Akademie zu besuchen und allmälig von den bisherigen handwerksmäßigen Übungen zum höhern Kunststudium überging. Er erwarb hier mehre Preise und einige seiner Arbeiten erregten solche Erwartungen, daß C. durch Falieri's Verwendung Behufs seiner weitern Ausbildung vom Senate mit einem Jahrgelde von 100 Dukaten auf drei Jahre nach Rom geschickt wurde. Hier erst drang C. tiefer in den Geist der antiken Kunst ein, begann nach selbständiger Auffassung zu arbeiten und kam vorzüglich seit 1783, wo er seine lebensgroße Gruppe, Theseus auf dem besiegten Minotaurus, vollendete, allgemein in Ruf. Es fehlte ihm jetzt nicht an Aufträgen und neben mehren öffentlichen Denkmälern, z.B. den Monumenten für die Päpste Clemens XIII. und XIV. und dem in der Augustinerkirche zu Wien befindlichen Grabmale der östr. Erzherzogin Christina, Gemahlin des gleichfalls verstorbenen Herzogs von Sachsen-Teschen, kamen eine Menge mythologischer Figuren, Gruppen und Basreliefs zu Stande. Nachdem er 1798–99 mit dem röm. Prinzen Rezzonico Deutschland bereist hatte, malte er während eines kurzen Aufenthaltes in Venedig ein Altarblatt für die Kirche seines Geburtsortes und schuf dann nach seiner Rückkehr nach Rom die berühmte Statue des Perseus mit dem Haupte der getödteten Medusa, welche seinen Ruf ausnehmend vermehrte und die während der Zeit, wo durch Napoleon die Statue des Apollo aus dem Belvedere des Vatican entführt war, auf dem Platze und Fußgestelle derselben stand. Papst Pius VII. ernannte C. 1802 zum Oberaufseher aller röm. Kunstsachen und Unternehmungen, und Napoleon berief ihn im nämlichen Jahre nach Paris, um seine Bildsäule von ihm fertigen zu lassen, an welcher der Kopf unübertrefflich geschätzt wird und die jetzt im Besitz des Herzogs von Wellington ist; später wurden von C. auch Napoleon's Mutter sitzend und seine Schwester Pauline als siegende Venus dargestellt. Für Amerika arbeitete er die kolossale Bildsäule Washington's, die ihn sitzend und als röm. Imperator darstellt, der an sein Volk schreibt, und die vor dem Congreßpalaste in Washington aufgestellt ist. Auch die Büste Kaiser Franz II. befindet sich unter C.'s Werken, von denen hier noch die kolossale Gruppe des Theseus, der den Centaur erlegt, und das Grabmal V. Alfieri's (s.d.) in der h. Kreuzkirche zu Florenz erwähnt werden mag, an welchem die kolossale Marmorbildsäule der weinenden Italia vorzüglich bewundert wird.

Als 1815 Napoleon's Sturz entschieden war, wurde C. vom Papste Pius VII. nach Paris geschickt, um die aus Rom entführten Kunstschätze zurückzufodern und 1816 für die Vollziehung dieses Auftrags zum Marchese von Ischia mit 3000 Scudi Einkünften ernannt, welche er, sowie früher schon einen Theil seines großen Vermögens zum Besten der Kunst verwendete. In seinem Geburtsorte ließ er außerdem eine prächtige Kirche aufführen, der er mehre seiner letzten Arbeiten bestimmte und wo er nach seinem im Oct. 1822 zu Venedig erfolgten Tode begraben wurde. Die rechte Hand des Künstlers schenkte sein Bruder der Akademie zu Venedig, wo ihm 1826 in der Kirche de' Frati, sowie 1833 in der capitolinischen Bibliothek zu Rom Denkmäler gesetzt worden sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 376.
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