Chatillon

[406] Chatillon an der Seine, eine Stadt im franz. Departement Côte d'or mit 4000 Einw., die Tuch-, Serge- und Strumpfwaarenfabriken betreiben, und da in der Umgegend viel Eisenwerke sind, mit den Erzeugnissen derselben handeln. C. wird durch die Seine in zwei Theile geschieden, welche Chaumont und Bourg genannt werden, und ist geschichtlich merkwürdig wegen des Congresses, welchen, ohne Unterbrechung der Feindseligkeiten, vom 5. Febr. bis 19. März 1814 die Abgeordneten des Kaisers Napoleon und der wider ihn verbündeten. Mächte dort hielten und der eine Fortsetzung der schon im Nov. 1813 zu Frankfurt am Main mit Napoleon angeknüpften, nach dem Einrücken der verbündeten Heere in Frankreich aber abgebrochenen Unterhandlungen war. Napoleon verlangte anfangs nur einen Waffenstillstand gegen Übergabe aller festen Plätze jenseit des Rheines, allein die Verbündeten drangen auf Herstellung der Grundlage des Friedens, und wollten Napoleon den franz. Thron und Frankreich seine alten Grenzen zugestehen, wenn ihnen sechs der wichtigsten Grenzfestungen übergeben würden. Napoleon wies diese Vorschläge, in Folge der von ihm unterdessen errungenen Vortheile zurück und machte erst am 15. März andere, nach denen er Italien und Venedig als Erbkönigreich für Eugen Beauharnois (s.d.), Belgien mit der Schelde und Nimwegen, sowie das linke Rheinufer für Frankreich und Entschädigungen für seine Brüder und Verwandten verlangte, Holland jedoch abtreten wollte. Die Verbündeten glaubten daraus zu ersehen, daß Napoleon mehr auf Zeitgewinn als auf Frieden denke, brachen daher am 19. März die Unterhandlungen ab und drangen gegen Paris vor; auch bestätigte ihre Ansicht ein später aufgefangenes Schreiben an den franz. Bevollmächtigten, Herzog von Vicenza, worin diesem Napoleon's Wunsch gemeldet ward, selbst durch geschehenen Abschluß eines Vertrages sich so wenig gebunden zu sehen, daß er noch von den Umständen Vortheil ziehen könne.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 406.
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