Dwernicki

[613] Dwernicki (Joseph), poln. Cavaleriegeneral und einer der ausgezeichnetsten Befehlshaber während des poln. Aufstandes von 1830, geb. 1775 in Podolien, zeichnete sich zuerst 1809 mit einer gleichsam unter den Augen der Russen und auf seine Kosten in Podolien errichteten Reiterschaar aus, welche er dem poln. Parteigänger Strzynowsky nach Galizien zuführte, ward nach dem bald eintretenden Frieden zum Escadronchef ernannt und mit dem Militairorden belohnt. Nachträglich machte er sich nun mit den Kriegswissenschaften bekannt, wohnte dem Feldzuge von 1812 unter dem General Dombrowski (s.d.) bei und kam mit den Trümmern seines Regiments nach Warschau zurück, wo er es neu organisirte und nun Major und Befehlshaber desselben wurde. Aa den weitern Waffenthaten der poln. Truppen im franz. Heere nahm er fortwährend ausgezeichneten Antheil, war 1814 Obrist und Offizier der Ehrenlegion und kehrte dann mit seinen Landsleuten ins Vaterland zurück, wo ihm der Großfürst Konstantin das zweite Uhlanenregiment verlieh und er 1829 bei Gelegenheit der Krönung des Kaisers Nikolaus zum Brigadegeneral ernannt ward. Nach Ausbruch der Insurrection von 1830 befand er sich zur Vertheidigung der Weichselübergänge oberhalb Warschau und zur Organisirung der dazu bestimmten neuen Truppen unter dem Befehl des General Klicki und erfocht bei einer über die Weichsel unternommenen Recognoscirung hauptsächlich mit seiner nur unvollständig ausgerüsteten Reiterei am 14. Febr. 1831 bei Stoczeck den ersten glänzenden Sieg über den ihm weit überlegenen russ. General Geismar. Über die Weichsel zurückgekehrt, trieb er fünf Tage darauf die schon aufs linke Ufer übergegangenen Truppen des Generals Creuz wieder auf das rechte hinüber und ward nun von der Nationalregierung zum Oberbefehlshaber des Corps bestimmt, welches nach Volhynien und Podolien zur Unterstützung der dort von mehren Seiten beabsichtigten Aufstände vordringen sollte. Am 2. März überschritt D. deshalb die Weichsel, schlug [613] zweimal die ihm entgegenstehenden Truppen des General Creuz, mußte aber mit seinem auf 4500 M. angewachsenen Corps bis Anfang April unter den Kanonen der Festung Zamosc verweilen, da die Wege noch zu ungangbar waren. Am 3. Apr. ging er endlich über den Bug nach Volhynien, was er aber so stark von den Russen besetzt fand, daß er, an jedem Erfolge zweifelnd, in Eilmärschen an der östr. Grenze entlang nach Podolien zu kommen suchte. Nachdem er am 19. den Übergang über den von General Rüdiger mit Übermacht besetzten Styr erzwungen, sah er sich aber von zwei Seiten her von 24,000 M. Russen mit 56 Kanonen bedroht und genöthigt, mit dem Rücken an die östr. Grenze gelehnt, eine feste Stellung zu nehmen. Als aber nach einigen Tagen die Russen versuchten, diese auf östr. Gebiete zu umgehen, mußte er selbst in östr. Galizien Schutz suchen. Sein Corps wurde entwaffnet und D. selbst durch Ungarn nach Laibach gebracht, von wo er sich 1832 nach Frankreich begab.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 613-614.
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