Episch

[676] Episch wird nach dem Griechischen diejenige der gewöhnlich angenommenen vier Hauptformen der Dichtkunst genannt, deren auszeichnender Charakter eine erzählende Darstellung ist. Der Dichter legt darin seine Worte nicht, wie im Drama, andern Personen in den Mund, sondern trägt selbst mit möglichster Ruhe vor, was ihm seine Einbildungskraft über die geschichtlich begründeten oder erfundenen Begebenheiten eingibt, welche er als etwas Vergangenes im dichterischen Gewande darstellt. Unter den durch Inhalt, Form und Haltung bedingten Unterabtheilungen der epischen Dichtungsart ist das schlechtweg sogenannte Epos oder die Epopee die vollendetste und erste; man versteht darunter eine erzählende Dichtung, deren Inhalt wichtige, in innigen Beziehungen zur Welt, zur Menschheit oder zu einem Volke stehende Begebenheiten sind und die uns anschaulich macht, was die Menschen in ihrem Innersten treibt und bewegt. Es waltet darin nicht die kunstreich angelegte Verwickelung und Lösung, die steigende Spannung des Drama und des Romans, sondern Interesse und Befriedignug sollen möglichst gleichmäßig über das Ganze verbreitet sein, keine Empfindung darf sich ausschließend des Gefühls bemächtigen, und die Dichtung muß in eine ruhig betrachtende [676] Stimmung versetzen. Von Vielen wird auch das Heroische und Wunderbare und ein ansehnlicher Umfang als wesentlich für das Epos betrachtet. (S. Heldengedicht.) Geringere Bedeutung haben epische Gedichte, welche sich mehr auf das Leben einzelner Personen beziehen, wie die Mehrzahl der romantischen Epopeen und viele neuere, welche religiöse und geschichtliche Stoffe behandeln. Andere Unterabtheilungen der epischen Dichtungsart sind: die Ballade, Romanze und Legende (s.d.); der aus den romantischen Epopeen hervorgegangene Roman (s.d.) und die poetischen Erzählungen. (S. Novellen.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 676-677.
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