Giftpflanzen

[221] Giftpflanzen nennt man diejenigen Gewächse, die entweder in allen oder in einzelnen ihrer Theile Stoffe enthalten, welche als Gifte (s.d.) wirken. Die Pflanzen, welche zu den betäubenden Giften gehören, zeichnen sich meistens durch eine matte, düstere und schmuzige Färbung des Laubes und der Blumen aus, und sind nicht selten mit klebrigen Haaren überzogen. Zu dieser Abtheilung der Giftpflanzen gehören der Taumellolch (eine Grasart), die vierblättrige Einbeere, der Eibenbaum oder Taxus, der gemeine oder schwarze Nachtschatten, der Stechapfel, das Bilsenkraut, der Sumpfkiehnrost, der Giftlattich, der Mohn, welcher das Opium liefert, der Kirschlorber, die bittere Mandel u.a. – Die scharfe Gifte enthaltenden Pflanzen haben in ihrem Äußern nichts, was sie von andern Gewächsen unterschiede, sie lassen sich nur erkennen durch einen auffallend scharfen, stechenden oder brennenden Geschmack, der sie leicht durch Kauen sehr kleiner Portionen verräth. Hierher gehört: der gefleckte Aron, das Sumpfschlangenkraut, der weiße und schwarze Germer, die Herbstzeitlose, die gemeine Narcisse, die Haselwurz, das Osterluzei, das Seidelbast oder der Kellerhals, die Lorberdaphne, der Sadebaum, die Arten der Wolfsmilch, die Erdscheibe oder das Saubrot, das Gnadenkraut, die Zaunrübe oder Zaunrebe, das Schöllkraut, die Arten des Hahnenfußes oder der Wiesenranunkeln, der Adonis, die busch- und hahnenfußähnliche Anemone, die Arten der Küchenschelle, die Arten der Waldrebe, die Sumpfdotterblume, die Arten der Nieswurz, der Mauerpfeffer, und unter den ausländischen Gewächsen: die Eselsgurke, die Jalappe, der Gummiguttbaum, die schwarze Brechnuß, der Manchenillebaum, der Stephansrittersporn und einige andere. – Die betäubenden Giftpflanzen unterscheiden sich äußerlich nicht von andern Gewächsen. Zu ihnen rechnet man: das Tollkraut oder die Tollkirsche, auch Belladonna genannt, viele Arten aus der Familie der Schirm- oder Doldengewächse, als: die röhrige und safransaftige Rebendolde, den Wüthrich oder Wasserschierling, die Gartengleiße oder den Gartenschierling, den eigentlichen oder gefleckten Schierling, die gelb oder blau blühenden Arten des Eisen- oder Sturmhuts, den gemeinen Bohnenbaum oder Goldregen, die bunte Kronenwicke, den purpurrothen Fingerhut; von ausländischen Gewächsen: die Meerzwiebel, den Sabadill- oder Ungeziefergermer, den Oleander, den myrtenblätterigen Gerberstrauch, den Krähenaugen- und Ignatiusbohnenbaum und den Kockelskörnerstrauch. – Die drastischen Giftpflanzen, welche heftige Durchfälle oder häufiges Erbrechen erregen, werden gewöhnlich zu den scharfen Giften gerechnet. Hierher gehören: das ausdauernde Bingelkraut, das Gauchheil, der Hundwürger oder das Schlangenwurzkraut, der gemeine Kreuz- oder Wegdorn, der Purgirlein oder Purgirflachs und einige ausländische Gewächse. – Unter den zahlreichen Arten der Schwämme oder Pilze finden sich verhältnißmäßig nur wenig giftige; eine große Anzahl derselben ist eßbar und der beiweitem größere Theil ist weder schädlich noch für den Haushalt des Menschen von Nutzen. Die giftigsten Arten in Deutschland sind: der Fliegenschwamm, der knollige Wulstblätterschwamm, der röthliche und der rosenfarbene Blätterschwamm, der giftige Hirschling, der Schwefelkopf, der Speiteufel, der zusammenziehende und rissige Blätterschwamm; ferner der Hexenpilz oder düsterfarbige Löcherschwamm, der neuerdings entdeckte sehr giftige Satanspilz und die stinkende Gicht- oder Giftmorchel. – Außer den oben genannten Giftpflanzen gibt es noch mehre ausländische, die zwar die fürchterlichsten und am schnellsten tödtenden Gifte liefern, die aber noch nicht hinreichend bekannt sind. Die vorzüglichsten Giftgewächse [221] sind in besondern Artikeln näher beschrieben. Vgl. »Sämmtliche Giftgewächse Deutschlands, naturgetreu dargestellt und allgemein faßlich beschrieben von Eduard Winkler« (2. Aufl., Lpz. 1835), mit 100 Kupfertafeln, auf welchen 110 Giftpflanzen und Giftpilze vollständig und mit Zergliederungen einzelner Theile dargestellt sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 221-222.
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