[317] Halsgerichtsordnung Durch die Errichtung des Reichskammergerichts im Jahre 1495, bei welchem die Beschwerden über Rechtsverletzungen in letzter Instanz anzubringen waren, wurde der traurige Zustand, in welchem sich die Rechtspflege in Deutschland, namentlich in Betreff peinlicher Sachen befand, immer offenkundiger, und man fing an, ernstlich an eine Abstellung der vielen, zum Theil unglaublichen Misbräuche der Criminaljustiz zu denken. Allein obwol dieser Gegenstand auf mehren Reichstagen zur Sprache kam und die Abfassung eines gleichförmigen peinlichen Gesetzbuches wiederholt beschlossen wurde, so konnten sich doch die Reichsfürsten nicht darüber einigen. Mittlerweile hatte ein edler und wissenschaftlich gebildeter Mann nach besten Kräften einen Entwurf zu einem Criminalgesetzbuche aus eignem Antriebe ausgearbeitet. Es war dies der bambergische Minister, Freiherr von Schwarzenberg. Dies Gesetzbuch (die sogenannte Bambergensis) wurde auf seinen Antrieb 1507 in dem Hochstifte Bamberg und 1510 auch in den Landen des Markgrafen von Brandenburg, in dessen Dienste Schwarzenberg später getreten war, gesetzlich eingeführt. Die Arbeit Schwarzenberg's wurde nun dem Projecte zum Grunde gelegt, welches auf verschiedenen Reichstagen (1521,1524 und 1529) ohne Resultat vorgelegt und berathen, endlich aber mit einigen Verbesserungen auf dem Reichstage zu Augsburg, mit einziger Ausnahme Sachsens, welches dagegen protestirte, 1532 als ein allgemeines Reichsgesetz angenommen und vom Kaiser Karl V. unter dem Namen der peinlichen Gerichtsordnung Karl V. (Carolina, Constitutio criminalis Carolina, daher das abgekürzte Citat C. C. C.) bestätigt. Wenngleich dieses Gesetzbuch für die damaligen rohen Zeiten, in welchen eine beispiellose Verwirrung der Rechtsbegriffe herrschte, eine große Wohlthat war, so leidet es doch an großer Härte der Strafen, an Dunkelheiten und Widersprüchen. Nichtsdestoweniger ist es noch bis auf den heutigen Tag in den meisten, namentlich den kleinern Staaten Deutschlands, gültig. Die Zerrissenheit unsers Vaterlandes hat bisjetzt das Zustandekommen eines mit den Fortschritten der Civilisation in Einklang stehenden allgemeinen deutschen Strafgesetzbuchs verhindert und nur einzelne Staaten erfreuen sich zeitgemäßer Criminalgesetzbücher.