Herculanum

Herculanum

[372] Herculānum, Pompeji und Stabiä sind die Namen dreier Städte in Italien ohnweit vom Vesuv, welche 79 n. Chr. bei Gelegenheit eines Ausbruchs dieses Vulkans so mit Asche gleichsam eingepulvert wurden, daß jede Spur, wo sie gestanden, verschwand.

Die Asche, welche diese Städte begraben, wurde allmälig fest, und im Laufe der Jahrhunderte siedelten sich auf ihr wiederum Menschen an. Mit den genannten Städten hatten auch Oplontia und Teglanum ein gleiches Schicksal gehabt. In neuerer Zeit sind nun die einst begrabenen Städte wieder aufgesucht und zum Theil wieder ausgegraben worden, und man kann dieses eine der interessantesten Entdeckungen nennen, die jemals gemacht worden. Was unmöglich scheint, hat sich ereignet. Wir sehen in diesen Städten die Vergangenheit des gewaltigsten Volks der Geschichte nach allen Einzelheiten des bürgerlichen Lebens auferstehen, so daß wir uns von derselben ein [372] Bild entwerfen können, wie es uns auch der genaueste und geistreichste Berichterstatter zu geben nicht vermocht hätte. Die Asche hat die Gegenstände nicht zerstört, sondern nur eingehüllt, und indem sie die äußere Luft von ihnen abhielt, hat sie die Erhaltung derselben durch länger als ein und ein. halbes Jahrtausend möglich gemacht. Schon 1689 hatte man in dem Dorfe Portici, welches sich über dem alten Herculanum erhoben hat, Nachgrabungen angestellt. Sie waren vergessen worden und Nachgrabungen, welche nach 1711 der Prinz Elbeuf anstellen ließ, wurden policeilich untersagt. In dem angegebenen Jahre waren bei Grabung eines Brunnens drei bekleidete weibliche Statuen aufgefunden worden, welche sich gegenwärtig im Museum zu Dresden befinden. Nachdem der span. König Karl Neapel in Besitz genommen hatte, wurden 1738 die Nachgrabungen wieder aufgenommen. Man stieß zunächst auf das Theater. Seit 1750 stellte man auch in Pompeji und Stabiä Nachgrabungen an. Seitdem sind dieselben mit einzelnen Unterbrechungen bis auf die Gegenwart fortgesetzt worden. Ein Theil des Ausgegrabenen, namentlich in Herculanum, ist, nachdem man Alles, was man Aufbewahrenswerthes gefunden, hinweggenommen hatte, wieder zugeschüttet worden. Von Pompeji ist ungefähr der fünfte Theil ausgegraben worden und in diesem hat man viele ausgezeichnete öffentliche Gebäude gefunden. Die vorstehende Abbildung zeigt den Gesammtumfang der Stadt und den bis jetzt ausgegrabenen Theil derselben. Man hat von öffentlichen Gebäuden namentlich ein Amphitheater, zwei Theater, acht Tempel, zwei mit Porticus (Säulengängen) umgebene Plätze, ein Forum, eine Basilica, Thermen (warme Bäder) u.s.w. entdeckt. Die Privathäuser sind beiweitem weniger schön, sie sind klein und stehen in engen Gassen. Besonders merkwürdig sind die einzelnen Geräthschaften und Kunstschätze, die man gefunden und die man sorgfältig gesammelt hat. So hat man namentlich ausgezeichnete Mauergemälde entdeckt und dieselben sammt der Mauer abgelöst und im Museum zu Neapel aufgestellt. Sie haben sich außerordentlich frisch erhalten. Sehr viel versprechend waren die Handschriften, welche man (über 1756) aufgefunden. Sie bestehen aus Rollen und sind im Laufe der Jahrhunderte morsch geworden, verkohlt. Man hat sich alle mögliche Mühe gegeben, sie aufzurollen und lesbar zu machen, ohne bis jetzt zu einem befriedigenden Resultate gekommen zu sein. Bei dem Nachgraben findet man natürlich auch menschliche Gerippe und mitunter in merkwürdigen Stellungen. So fand man ein Gerippe, welches noch in der einen Hand einen Schlüssel, in der andern einen Beutel mit Münzen und Kameen hielt; ferner einen röm. Soldaten, der noch ganz bewaffnet auf seinem Wachposten stand u. dgl. mehr. Vielfache Beschreibungen und Abbildungen der aufgefundenen Alterthümer sind erschienen, z.B. von Zahn: »Die Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Herculanum, Pompeji und Stabiä« (Berl. 1828 fg.).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 372-373.
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