[597] Dresden, die Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Sachsen, liegt fast in der Mitte der bei Pirna beginnenden, bis Meißen beinahe 8 Stunden langen, reizenden Thalebene des Elbstroms, in welchen sich nahe bei der Stadt der Weißeritzfluß ergießt.
Die Stadt entstand wahrscheinlich aus einem von den Sorben-Wenden auf beiden Seiten der Elbe angelegten Fischerdorfe, aber erst im 13. Jahrh. beginnt ihre beglaubigte Geschichte. In den frühesten Zeiten gehörte D. dem Bisthume Meißen, bis es später an die meißnischen Markgrafen (s. Sachsen) kam, von denen Markgraf Heinrich der Erlauchte die Stadt im J. 1270 zu seinem Wohnsitze machte; sie kam seitdem immer mehr in Aufnahme, wozu besonders auch Wallfahrten beitrugen. Bei der Theilung Sachsens zwischen Ernst und Albert kam D. 1485 an die albertinische Linie und der auf dem linken Elbufer liegende Theil der Stadt ward durch Kurfürst Moritz befestigt; sein Nachfolger August that nicht nur viel zur Verschönerung derselben, sondern war auch der Stifter der meisten noch bestehenden Sammlungen für Wissenschaft und Kunst. Seit Johann Georg II. wurde die Stadt durch viele neue Anlagen verschönert, unter August II. aber, der seit 1697 die poln. Krone trug, und unter seinem Nachfolger erlangte sie ihren höchsten Glanz. Prachtgebäude stiegen empor; der bisher Altdresden genannte Stadttheil auf dem rechten Elbufer, welchen 1685 ein großer Brand verheerte, erhielt den Namen Neustadt, und ein neuer Stadttheil wurde 1728 jenseit der Weißeritz angelegt. Die Drangsale des siebenjährigen Kriegs, während dessen ein Theil der Vorstädte zweimal verbrannt wurde und 1760 eine harte Belagerung große Verheerungen anrichtete, hatten viele Wiederherstellungen zur Folge, die zugleich Erweiterungen waren; besonders wurden auch die früher gesammelten Schätze für Kunst und Gelehrsamkeit vermehrt und zugänglicher gemacht, sodaß sie allmälig eine größere Wirksamkeit für geistige Bildung erhielten. Neue Schrecknisse brachte der Krieg im I. 1813, wo die Umgegend von D. zwei Tage lang (26. und 27. Aug.) der Schauplatz einer blutigen Schlacht war und D. der Wendepunkt [597] des Kampfes wurde, den Napoleon um die Herrschaft über Deutschland und Europa ausfocht. Nach den vielfachen Leiden, welche durch diese Ereignisse herbeigeführt wurden, erwachte aber bald wieder der Sinn für rege Betriebsamkeit und während man durch die gänzliche Abtragung der Festungswerke seit 1817 für die Verschönerung der Stadt sorgte, entstanden neue Anstalten für die Beförderung des Gemeinwohls, die besonders seit 1830, wo ein frischer Lebenshauch die Staatseinrichtungen zu verjüngen begann, eifrig vermehrt und gepflegt wurden.
D. hat gegen 65,000 Einw. und besteht aus vier Haupttheilen: der Altstadt oder der eigentlichen Residenz mit drei Vorstädten am linken Elbufer, aus der davon durch die Weißeritz getrennten Friedrichstadt, die von August II. auf der Stelle eines ehemaligen Dorfes angelegt wurde, aus der Neustadt am rechten Elbufer und aus der nordöstl. an diese grenzenden Antonsstadt, welche in der neuesten Zeit vielfach verschönert und vergrößert wurde. Altstadt und Neustadt sind durch eine 690 Ellen lange steinerne Brücke verbunden, die zuerst im 13. Jahrh. erbaut, in den Jahren 1727–31 ihre jetzige Gestalt erhielt und vorstehend von Altstadt aus abgebildet ist, welche seit 1731 auch mit Friedrichstadt durch eine neue steinerne Brücke vereinigt wurde. In der Altstadt befinden sich drei große Plätze, der Altmarkt, der Neumarkt und der Schloßplatz; in der Neustadt, welche eine Lindenallee in zwei ziemlich gleiche Hälften theilt, der Markt und der Palaisplatz. Die Zahl der Häuser in allen Stadttheilen beträgt gegen 2900 und zu den vorzüglichsten Gebäuden gehören in der Altstadt: die seit 1751 gebaute katholische Kirche mit einer schönen Orgel von Silbermann und mehren Gemälden von Rafael Mengs; die Sophienkirche oder evangelische Hofkirche, zu Ende des 16. Jahrh. aus einer ehemaligen Klosterkirche in ihrer jetzigen Gestalt vollendet und 1835 im Innern verschönert; die Kreuzkirche, seit 1764 auf den Trümmern der bei der Belagerung der Stadt verbrannten alten Kirche erbaut, mit einer 1832 erneuerten trefflichen Orgel; die von 1726–45 von Georg Bähr erbaute Frauenkirche, mit einer schönen Kuppel; das kön. Schloß, ein unregelmäßiges Gebäude, im 16. Jahrh. begonnen und von August II. vollendet, mit einem 178 Ellen hohen Thurme; das prinzliche Palais, 1718 erbaut; das Brühl'sche Palais mit seiner Terrasse, die eine herrliche Aussicht auf die Elbe gewährt; der Zwinger, von August II. als Vorhof eines großen Schlosses angelegt, mit einer alten Orangerie, zum Theil aus Bäumen bestehend, welche 1730 aus Nordafrika kamen; das angrenzende 1718 erbaute große Opernhaus, das aber seit 1769 nicht mehr zu dramatischen Aufführungen benutzt wird; das Zeughaus mit reichen Waffenvorräthen; das Versammlungshaus der Landstände; das Gebäude der chirurgisch-medicinischen Akademie; die 1833 nach Schinkel's Plan vollendete neue Hauptwache, und das gleichzeitig erbaute Posthaus. In der Neustadt sind auszuzeichnen: das sogenannte Blockhaus mit der Hauptwache und der 1736 gegenüber errichteten Reiterstatue August II. (s.d.); das nebenbei abgebildete japanische Palais, 1716 erbaut, mit mehren wissenschaftlichen und artistischen Sammlungen; das Cadettenhaus, und der alte weitläufige Jägerhof, seit 1831 in eine Caserne umgewandelt. In den nächsten Umgebungen der Stadt ist vorzüglich der große Garten mit schönen Baumgängen, einem im 17. Jahrh. erbauten Schlosse und einer trefflich geordneten Baumschule auszuzeichnen. Das wissenschaftliche und geistige Leben wird zunächst durch mehre ausgezeichnete Lehranstalten gepflegt; so gehört das im 16. Jahrh. gestiftete Gymnasium, die Kreuzschule, zu den vorzüglichsten des Landes; es bestehen außerdem zwei Bürgerschulen, mehre wohleingerichtete Privatlehranstalten, zahlreiche Schulen für die dürftige Volksclasse und seit 1829 drei Kleinkinderschulen unter der Aufsicht des Frauenvereins. Mit zwei Schullehrerseminarien sind auch Lehranstalten für Taubstumme verbunden. Unter den höhern Bildungsanstalten ist die 1816 neu eingerichtete chirurgisch-medicinische Akademie mit einer Thierarzneischule die wichtigste, welche treffliche anatomische Präparate und einen reichen botanischen Garten besitzt und auch für die allgemeinere Verbreitung naturwissenschaftlicher Studien gewirkt hat. Mit der 1763 eingerichteten Akademie der Künste ist eine Bauschule und eine jährliche Kunstausstellung verbunden. Seit 1818 besteht eine, 1832 erweiterte technische Bildungsanstalt zur wissenschaftlichen Bildung des Gewerbstandes; für die militairische Bildung sind vorzüglich als Pflanzschule für Offiziere das Cadettencorps und die Artillerieschule da. Unter den gelehrten Vereinen, welche, außer der ökonomischen Gesellschaft, Schöpfungen der neuesten Zeit sind, zeichnen sich die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, die mineralogische Gesellschaft, die Gesellschaft für Botanik und Gartenbau, der sächs. Kunstverein, der jährlich bedeutende Kunstwerke ankauft und verloost, und der statistische Verein aus.
D.'s Sammlungen, die einen der interessantesten Züge in der geistigen Physiognomie der Stadt bilden, sind seit 1828 und besonders seit 1830 dem Publicum erst recht zugänglich geworden und haben eine vielfach verbesserte Anordnung erhalten. An ihrer Spitze steht die kön. öffentliche Bibliothek von mehr als 220,000 Bänden und 2700 Handschriften, reich an Seltenheiten; das für die sächs. Münzkunde wichtige Münzcabinet; das besonders in der mineralogischen und zoologischen Abtheilung reiche Naturaliencabinet; das historische Museum, welches 1833 aus der ehemaligen Rüstkammer und einem Theile der Kunstkammer gebildet und viele für Völkerkunde und Sittengeschichte interessante Gegenstände enthält. Die Sammlung mathematischer und physikalischer Instrumente hat erst in neuern Zeit durch mehre Erwerbungen einen wissenschaftlichen Werth erhalten. Unter den Kunstsammlungen steht oben an die Gemäldegalerie, welche gegen 1500 Bilder enthält, in der ital. Schule [598] eine der reichsten und erlesensten, durch Hauptbilder von Rafael (die sixtinische Madonna), von Correggio, Tizian, Paul Veronese, Giulio Romano, Andrea del Sarto, Leonardo da Vinci, Guido Reni, Carlo Dolce ausgezeichnet, aber auch reich an trefflichen Werken der niederländ. Schule ist, besonders von Rubens, van Dyk, Rembrandt, Snyders, Ruysdael, Wouvermann, Ostade und Tenier. Unter den Bildern deutscher Meister ist Holbein's heilige Jungfrau das erste, und aus der franz. Schule sind vorzügliche Bilder von Claude Lorrain und Poussin in der Sammlung. Das Kupferstichcabinet von mehr als 200,000 Blättern, trefflich und belehrend geordnet, besitzt große Seltenheiten und auch viele Originalhandzeichnungen sowol aus der altdeutschen Schule als von großen ital. Meistern. Die Antikensammlung ist besonders durch einige Denkmale der ältesten griech. Kunst und mehre, zum Theil aber ergänzte treffliche Werke aus der blühendsten Zeit derselben wichtig. Sie wird in mancher Hinsicht ergänzt durch die Sammlung von Gypsabgüssen, die Rafael Mengs mit großer Sorgfalt in Italien verfertigen ließ und die um so höhern Werth haben, da wehre der nachgebildeten Originale verloren gegangen sind. Eine Sammlung von sächs. Prospecten ist besonders durch mehre Werke von Bernardo Canaletto wichtig, die auch als Bilder verschwundener Zustände ein historisches Interesse haben. Mit dieser Sammlung sind sechs in Wolle gewirkte Tapeten nach Rafael's Zeichnungen verbunden. Die Porzellansammlung ist reich an seltenem asiat. Porzellan und vorzüglich auch darum wichtig, weil die Proben von sächs. Porzellan die allmäligen Fortschritte der Fabrikation von ihren ersten Anfängen zeigen. Das grüne Gewölbe im kön. Schlosse ist zwar wegen seines Schatzes an Edelsteinen sehenswerth, besitzt aber auch mehre höchst ausgezeichnete Kunstarbeiten. Eine der vorzüglichsten Kunstanstalten ist die schon von August II. gestiftete musikalische Kapelle, welche die Musik in der katholischen Hofkirche und die Oper besorgt und jährlich am Palmsonntage ein großes Oratorium aufführt. In gewerblicher Hinsicht ist D. zwar weder als Manufacturplatz noch als Handelsort sehr bedeutend, doch werden in mehren Zweigen technischer Betriebsamkeit vorzügliche Arbeiten geliefert, und auch der Handel hat durch die Freiheit der Elbschiffahrt und den Anschluß Sachsens an den deutschen Zollverein sich ansehnlich gehoben.
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