Kasan

[571] Kasan, ein Gouvernement in Ostrußland, hat einen Flächeninhalt von 1120 ! M. mit etwa 1,150,000 Einw., von denen ein beträchtlicher Theil Baschkiren, Kalmücken, Tschuwaschen, Mordwinen und Tataren sind. Diese letztern, welche sich meist zum Mohammedanismus bekennen, [571] sind ein wackerer Menschenschlag, reinlich, mäßig, ehrliebend, besorgt für die Bildung der Jugend, sodaß auch das kleinste Dorf seine Schule hat, und sehr gewerbsam. Das Land ist eine Ebene, die von der Wolga und Kama durchströmt wird, und reich an Getreide, Vieh, Laub- und Nadelholz, pelztragenden Thieren und Fischen. Es war früher ein unabhängiges tatarisches Reich, das von Nachkommen Batu Khan's beherrscht wurde, welche mit den moskowitischen Großfürsten häufig Kriege führten, endlich aber von Iwan Wassiljewitsch (1552) völlig bezwungen wurden. Die Hauptstadt Kasan liegt an der Kasanka, die eine Meile unterhalb der Stadt in die Wolga fällt, hat nahe an 50,000 Einw., unter denen 14,000 mohammedanische Tataren, und muß als der bedeutendste Ort im östlichen Rußland betrachtet werden; der Handel ist sehr beträchtlich, und der große Karavanenzug aus dem Westen nach Osten, von Moskau nach der Bucharei und China, geht über K. Der Umfang beträgt drei Stunden; außer der Kathedrale zählt man 40 andere griech. Kirchen, acht Moscheen, mehre katholische und eine protestant. Kirche. Die Straßen sind nach den beiden furchtbaren Feuersbrünsten von 1774 und 1815 sehr regelmäßig wieder aufgebaut, aber noch immer zum großen Theile mit Holz gepflastert; auch die wenigsten Häuser sind massiv. Es herrscht große Regsamkeit in gewerblicher Hinsicht; die Fabrikation von Leder, Juchten, Maroquin und Seife ist sehr beträchtlich; auch wird viel Tuch verfertigt. Am bekanntesten ist aber K. durch die 1803 gestiftete Universität, auf der stets mehre hundert Studenten an den Vorlesungen Theil nehmen. Sie hat vier Lehrstühle für die asiatischen Sprachen, eine Bibliothek von 30,000 Bänden und vielen mongolischen und andern orientalischen Handschriften, eine Sternwarte und viele wissenschaftliche Sammlungen. Andere Bildungsanstalten sind das akademische Gymnasium, auf welchem auch deutsch, englisch, französisch und italienisch gelehrt wird, vier Normalschulen, eine Unterrichtsanstalt für 350 Soldatenkinder, und eine Schifffahrtsschule. Das hiesige Marinearsenal und die Werften für Wolgaschiffe sind von Bedeutung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 571-572.
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