[582] Katharīna I., Gemahlin Peter's des Großen und 1725–27 Kaiserin von Rußland, war, wie man erzählt hat, die Tochter eines katholischen Bauers in Lithauen, 1686 geboren und hieß ursprünglich Martha. Ihr Vater soll sie bei einem lutherischen Geistlichen zu Roop im rigaischen Kreise in Dienst gebracht haben, wo sie mit dem lutherischen Glaubensbekenntnisse näher bekannt geworden und endlich zu Marienburg, einem kleinen Städtchen im wendenschen Kreise, zu demselben sich bekannt haben soll. In Marienburg heirathete sie 1702 einen schwed. Dragoner, der einige Tage nach der Hochzeit ins Feld rücken mußte. Marienburg fiel in die Hände der Russen und die junge Frau wurde die Gefangene des Generals Scheremetjeff, welcher sie an Menzikoff überließ. Bei diesem, dem Günstlinge und Minister Peter des Großen, lernte der Kaiser die durch Schönheit und Verstand gleich ausgezeichnete Frau kennen und lieben. Nachdem sie 1703 zur griech. Kirche übergetreten war und dabei die Namen Katharina Alexiewna angenommen hatte, vermählte sich Peter mit ihr, ohne daß jedoch diese Verbindung veröffentlicht wurde. Erst nachdem K. 1708 die Prinzessin Anna, nachmals Mutter Peter III., und 1709 Elisabeth, nachmals Kaiserin von Rußland, geboren hatte, wurde 1713 K. von Peter dem Großen öffentlich als seine Gemahlin, 1718 als Kaiserin erklärt und noch in demselben Jahre oder auch erst 1724 zu Moskau als solche gekrönt. Sie hatte sich immer mehr in der Liebe und Achtung ihres großen Gemahls festgestellt und ihm besonders 1711 Beweise ihrer aufopfernden Liebe und Klugheit gegeben. In diesem Jahre befand sich nämlich Peter mit seinem Heere am Pruth in der verzweifeltsten Lage, indem er von den Türken so eingeschlossen war, daß jede Hoffnung auf Rettung verloren schien, und Peter selbst schon die Verhaltungsbefehle ausgefertigt hatte, wie es im Falle, daß er bliebe oder gefangen würde, mit der Regierung gehalten werden sollte. K. verwendete ihren ganzen Schmuck, um die Umgebung des türk. Großveziers zu bestechen und unterhandelte dann mit diesem so glücklich, daß ein Vertrag zu Stande kam, welcher den Kaiser und den Staat aus der drohenden Gefahr befreite. Die Eintracht mit ihrem Gatten wurde indeß noch kurz vor dessen Tode getrübt. K. hatte nämlich ihre Gunst einem Kammerherrn, Namens Mons, zugewendet und ein Gerücht, welches dem Kaiser zu Ohren kam, beschuldigte sie der Untreue gegen ihren Gemahl. Peter überraschte seine Gattin mit Mons in einem vertraulichen Zwiegespräch, und obgleich keine Beweise von K.'s Schuld vorlagen, so ließ er doch seinen Zorn durch Mishandlungen an ihr aus und dem Kammerherrn Mons wurde, angeblich anderer Verbrechen wegen, der Proceß gemacht, der seine Enthauptung zur Folge hatte. Vielleicht hätte dieser Vorfall noch schlimmere Folgen für K. gehabt, wenn nicht schon im nächsten Jahre 1725 Peter gestorben wäre. K. pflegte ihn auf dem Krankenbette mit treuer Liebe und zerfloß bei seinem Tode in ungeheuchelten Thränen. Indeß waren ihre mächtigen Freunde Menzikoff, Jaguschinsky und der Erzbischof von Pleskow, Theophanes, bemüht, Alles vorzubereiten, damit K. nach des Kaisers Tode als dessen Nachfolgerin erklärt und anerkannt würde, welches sie auch glücklich zu Stande brachten. Durch kluge und wohlwollende Maßregeln wußte sich K. die Liebe des Volks zu sichern und regierte im Geiste ihres Gemahls fort. Ihren frühern Gegnern ließ sie keine Art von Rache empfinden und zog sie dadurch von ihren feindlichen Plänen ab; ausbrechende Unruhen wußte sie durch kräftige Maßregeln zu unterdrücken. Sie starb plötzlich 1727 und hatte ihren Stiefenkel Peter II. zum Nachfolger ernannt.