Lancaster's

[693] Lancaster's und Bell's Methode des Unterrichts, auch die des wechselseitigen Unterrichts genannt, ist eine in England, Frankreich, Nordamerika, Dänemark beliebte Art des Volksunterrichts, welche eine Zeit lang sehr empfohlen wurde. Dieselbe wurde von Andr. Bell, einem engl. Geistlichen und Aufseher einer Mädchenschule zu Madras, in einen Bericht an die ostind. Compagnie empfohlen, welcher 1797 durch Druck veröffentlicht wurde und in England 1805 zuerst von dem Quäker Joh. Lancaster bei einer Armenschule in London in Anwendung gebracht. Schon im 16. Jahrh. soll man sich aber dieser Unterrichtsmethode in Indien bedient haben. Sie besteht im Allgemeinen darin, daß unter Aufsicht des Lehrers die größern und geübtern Kinder den jüngern den Unterricht im Lesen, Rechnen und Schreiben ertheilen und diesen das auswendig Gelernte abhören. Der Lehrer selbst beschäftigt sich nur mit dem Unterricht der wieder lehrenden Kinder und führt die Oberaufsicht. Es ist gewiß, daß bei zweckmäßiger Einrichtung einer solchen Schule viele Kinder mit verhältnißmäßig geringen Kosten unterrichtet werden können, ebenso gewiß ist aber auch, daß mit ihr nur eine sehr oberflächliche Abrichtung der Kinder erreicht, daß die eigentliche Ausbildung des Geistes gänzlich versäumt und daß bei den fähigern Kindern, welche zum Weiterlehren benutzt werden, der weitere Fortschritt dadurch abgeschnitten wird, daß man ihnen den Dünkel des Vielwissens recht geflissentlich beibringt. Wenn diese Unterrichtsweise in England und Frankreich großen Beifall gefunden hat, so kann man hierin nur einen Beweis erblicken, daß der Volksunterricht in jenen Ländern noch ungemein zurück ist, da man noch gar nicht das Bedürfniß der Ausbildung des Geistes kennen gelernt hat, sondern glücklich ist. einige oberflächliche Fertigkeiten auf wohlfeile Weise dem Volke beizubringen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 693.
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