Liechtenstein

Liechtenstein

[744] Liechtenstein, das kleinste souveraine Fürstenthum Deutschlands, liegt zwischen Vorarlberg, Graubündten und St.-Gallen, von welchem es durch den Rhein getrennt wird, und umfaßt 21/2 ! M. mit 6000 Einw.

Es ist ein Alpenland, dessen höchste Punkte bis zu 5600 F. aufsteigen. Der Hauptnahrungszweig der Bewohner ist Viehzucht, doch wird auch Getreide, Flachs, Wein und Obst angebaut und Baumwollenspinnerei getrieben. Ein Landvogt und ein Rentmeister verwalten das Fürstenthum und bilden ein Oberamt, von welchem Appellationen an die fürstl. Kanzlei in Wien [744] als zweite und an das tirol. Appellations-und Criminal-Obergericht in Innsbruck als dritte Instanz gehen. Die östr. Landesgesetze sind als in L. geltend erklärt worden. Die Einkünfte des Fürstenthums werden auf 20,000 Gulden berechnet. Das Fürstenthum hat 55 Mann zur deutschen Bundesarmee zu stellen und der Fürst hat an der 16. Stimme des deutschen Bundestags Antheil, sowie mit einer Virilstimme die 28. Stelle in der Plenarversammlung. Im I. 4818 hat das Fürstenthum eine Constitution nach dem Muster der in den östr. deutschen Staaten bestehenden landständischen Verfassung erhalten. Das Fürstenthum besteht aus den ehemaligen Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Der Hauptort ist der jetzt Liechtenstein genannte Markt Vaduz mit 1700 Einw., welcher an der graubündtischen Grenze im Rheinthale liegt und ein altes fürstl. Schloß hat. Auch das Bergschloß Schellenberg ist noch vorhanden. – Die Fürsten von L. gehören einem alten, um Östreich vielfach verdienten Geschlechte an, welches sehr bedeutende Besitzungen in den östr. und preuß. Staaten (namentlich die schles. Fürstenthümer Troppau und Jägerndorf) hat, nämlich über 104 ! M. mit 350,000 Einw. in 24 Städten, 25 Marktflecken, 756 Dörfern, 46 Schlössern, 11 Klöstern und 164 Meiereien; dieselben gewähren 1,500,000 Gulden Einkünfte. Auch die jüngere Linie, das Karl'sche Majorat, hat ansehnliche Besitzungen, nämlich gegen 60000 Unterthanen und 300,000 Gulden Einkünfte. Ditmar von L., welcher zu Anfange des 13. Jahrh. lebte, soll ein Abkömmling des berühmten Hauses Este gewesen sein. Des Grafen Hartmann IV. (gest. 1585) Söhne Karl und Gundakar stifteten zwei Linien, welche 1618 und 1623 in den Fürstenstand erhoben wurden und von denen die älteste 1712 ausstarb. Erbe war Anton Florian, Gundakar's Enkel, welcher für sich (1713) und seine Nachkommen (1723) Sitz und Stimme auf dem Reichstage erhielt, nachdem Schellenberg und Vaduz als Fürstenthum L, zum unmittelbaren Reichsfürstenthume erhoben worden waren. Nachdem die Nachkommen Anton Florian's 1748 ausgestorben waren, kam das Majorat an Seitennachkommen, von denen Franz Joseph (gest. 1781) und Karl Borromäus (gest. 1789) die beiden noch jetzt bestehenden Linien stifteten. Als 1836 der Fürst Ivhann, östr. Generalfeldmarschall, starb, folgte ihm sein ältester Sohn Aloys Maria Joseph Johann Joachim Franz als Fürst von L., Herr von Nickolsburg, Herzog von Troppau und Jägerndorf und Graf zu Rietberg. Derselbe ist am 26. Mai 1796 geboren, hat eine treffliche Erziehung erhalten, ist seit dem 8. Aug. 1831 mit Franziska de Paula, Gräfin von Kinsky, geb. am 8. Aug. 1813, vermählt und hat noch sechs Brüder und vier Schwestern.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 744-745.
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