Mechanik

[90] Mechanik ist der aus dem Griechischen hergenommene Name der Lehre von den Kräften, deren Wirkung die Körper in Gleichgewicht und Ruhe erhält oder in Bewegung setzt. Sie macht einen Theil der angewandten Mathematik (s.d.) aus und gründet sich auf die wesentlichsten und augenfälligsten Eigenschaften der Materie (s.d.), auf die Schwere und Beweglichkeit, deren Einfluß sich völlig genau messen und berechnen läßt. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch wird jedoch unter Mechanik nur die Lehre von der Wechselwirkung fester Körper im Zustande der Bewegung, der Ruhe, des Drucks u.s.w. verstanden, kommen aber bei der Anwendung mechanischer Lehren hauptsächlich die Mittel in Betracht, welche zur Erhöhung von Kräften und Wirkungen führen und sich zunächst auf die Zusammensetzung von Maschinen beziehen, so wird sie auch Maschinenlehre [90] genannt. Die Lehre vom Gleichgewicht fester Körper bleibt dann der Statik (s.d.), die vom Gleichgewicht und der Bewegung der tropfbar flüssigen Körper der Hydrostatik und Hydraulik (s.d.), und der luftförmigen oder elastischen Flüssigkeiten der Aerometrie oder Pneumatik (s.d.) vorbehalten. Da den Gesetzen der Mechanik alle Bewegungen und Verhältnisse der Materie in ihren vorgenannten wägbaren Formen mehr oder weniger unterworfen sind und ohne deren Kenntniß weder die Regeln der Bewegung der Himmelskörper noch die, welche dem Verhalten der Flüssigkeiten und anderer Körper zum Grunde liegen, bestimmt werden können, so geht schon hieraus die Wichtigkeit dieser Wissenschaft hervor. Allein auch die Erkenntniß unwägbarer Gegenstände, wie Licht, Wärme, Magnetismus wird durch die Mechanik wesentlich vermittelt, indem sie Geräthschaften verfertigen lehrt, welche genaue Beobachtungen darüber anzustellen erlauben. Zu dem Allen kommt noch der unübersehbare Nutzen, welchen sie für alle Verhältnisse des Lebens dadurch herbeiführt, daß sie Anleitung gibt, die gewöhnlichsten Werkzeuge, wie die kunstreichsten Maschinen (s.d.) auf die vortheilhafteste Weise herzustellen. Bevor indessen an irgend eine wissenschaftliche Behandlung der Mechanik gedacht wurde, lehrte die Erfahrung längst den Menschen den Gebrauch der einfachern mechanischen Werkzeuge, wie des Hebels, des Keils, der Winde, was die gewaltigen Bauten der ältesten Völker darthun. Die wissenschaftliche Ausbildung der Mechanik läßt sich dagegen nur bis zu den alten Griechen zurückführen; schon in den Schriften des Aristoteles (s.d.) sind mechanische Lehren enthalten, ihr eigentlicher Begründer aber ward 100 Jahre später Archimedes (s.d.), nach dem sich noch einige Gelehrte zu Alexandria um die Mechanik verdient machten, für die dann während des ganzen Mittelalters wenig mehr geschah. Nach der Mitte des 16. Jahrh. erst nahm der Marquis Guido Ubaldi wieder eine wissenschaftliche Bearbeitung der Mechanik vor und suchte namentlich alle Maschinen auf den Hebel zurückzuführen; wichtige Entdeckungen in den mechanischen Wissenschaften machte ferner Simon Stevin aus Brügge, gest. 1633 zu Leyden, der überhaupt viel zur Aufnahme der Mathematik beitrug. Durch Galilei (s.d.), seinen Schüler und Nachfolger Evangelista Torricelli, gest. 1647, ganz vorzüglich durch Isaak Newton (s.d.) und nach ihm durch Leibnitz, Joh. und Daniel Bernoulli (s.d.), Christian Huyghens aus dem Haag, gest. 1695, Mariotte, Euler (s.d.) u.A. wurden die Wege zur jetzigen hohen Ausbildung der Mechanik gebahnt, um die sich in neuester Zeit in Deutschland K. C. v. Langsdorf, gest. 1834 als Professor zu Heidelberg und bad. geheimer Hofrath, I. A. Eytelwein, v. Baader, v. Gerstner auch als Schriftsteller verdient gemacht haben. Von Letzterm erschien unausführliches »Handbuch der Mechanik« (3 Bde., Wien 1630–35, 4.); auch gibt Belehrung in gemeinfaßlichem Tone über die Grundlehren dieser Wissenschaft »Anleitung zum Selbstudium der Mechanik, nach dem Book of science«, von I. Sporschil (mit 86 Abbildungen, Lpz. 1834). – Ein Mechaniker und Mechanicus wird Jemand genannt, der sich auf Mechanik überhaupt versteht, oder die Verfertigung von Maschinen, von mathematischen, physikalischen und ähnlichen Instrumenten, z.B. von Cirkeln, Maßstäben, Fernrohren, Elektrisirmaschinen u.s.w. betreibt. – Mechanisch heißt, was zur Mechanik und Maschinenlehre gehört, oder was durch äußere, bewußtlose Kräfte, auch wol von Menschen zwar zweckmäßig, allein ohne Bewußtsein der ihrem Verfahren zum Grunde liegenden Gesetze gethan wird. Man jagt ferner, ein Geschäft sei Jemandem mechanisch geworden, wenn er eine solche Übung oder Gewohnheit desselben erlangt hat, daß er es gleichsam bewußtlos und ohne die sonst dazu nöthige Überlegung vollbringt. Unter Mechanismus wird die innere Einrichtung einer Maschine oder eines künstlich zusammengesetzten Werkzeugs verstanden.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 90-91.
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