Moral

[185] Moral, die Sitten-, Pflichten-, Tugendlehre, von dem lat. Worte mores, d.i. Sitten, ist die Wissenschaft, die von [185] den Gesetzen handelt, welche Vernunft und Christenthum dem Menschen für seine Handlungen vorschreiben und die er mit freiem Willen erfüllen soll. Im gemeinen Leben wird Moral auch häufig gleichbedeutend mit Moralität oder Sittlichkeit selbst und moralisch, was zur Sittenlehre gehörig bedeutet, für sittlich gebraucht. Moralisch und sittlich ist das Leben eines Menschen, wenn er unabhängig von äußern Rücksichten nur aus dem Antriebe des Rechten und Guten handelt, dagegen unmoralisch und unsittlich, wenn er sich bei seinen Handlungen von Grundsätzen leiten läßt, die mit seiner Bestimmung zur Tugend in geradem Widerspruche stehen. Mit Ermittelung jener Gesetze für die menschlichen Handlungen und Bestrebungen, welche der höhern Bestimmung des Menschen entsprechen, beschäftigt sich die Moralphilosophie im engern Sinne, die auch praktische Philosophie genannt wird, weil sie mit Vernunftgesetzen für das Handeln zu schaffen hat; unter philosophischer Moral aber werden die Ergebnisse ihrer Forschungen oder die Lehre aller von der Vernunft für menschliche Handlungen aufgestellte und mit freiem Willen zu erfüllende Vorschriften verstanden. Von der philosophischen wird die theologische Moral unterschieden, welche jene Vorschriften für die menschliche Handlungsweise nur als Lehren des Christenthums darstellt. Unter Moralprincip ist der oberste Grundsatz der Moral zu verstehen, das gemeinsame Ziel, auf welches alle ihre Gesetze hinweisen, der Geist der Wahrheit, von dem alle ihre Vorschriften durchdrungen, in und aus dem alle hervorgegangen sein müssen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 185-186.
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