[258] Nekromantie ist der aus dem Griechischen herrührende Name für das schon im frühesten Alterthume vom Aberglauben manchen Menschen zugeschriebene Vermögen, die Schatten oder Geister Verstorbener in wahrnehmbarer Gestalt zurückzurufen, um sie wegen zukünftiger Dinge zu befragen. In Griechenland gab es an mehren Orten Todtenorakel, [258] wo Priester die Abgeschiedenen wieder heraufbeschworen, und auch bei den Römern gab es Nekromanten oder Leute, welche dieselbe vermeintliche Kunst und das Befragen der Todten verstehen wollten. Bei der Ausübung der Nekromantie und um sich die vermeintliche Befähigung dazu anzueignen, wurden die empörendsten, unmenschlichsten Dinge unternommen, denn der Wahn schrieb namentlich Allem, was aus den Gräbern kam, dem Blute und den Gebeinen Hingerichteter, der unzeitigen Frucht aus dem Schoose ermordeter Mütter, die höchsten Wirkungen für derartige Zwecke zu. Ein Verbot der Nekromantie als einer Kunst böser Geister kommt schon im 5. Buch Moses 18, 11 vor; auch die angesehensten Kirchenlehrer der ersten christlichen Zeit, welche die Möglichkeit des Wiedererscheinens Verstorbener zwar nicht verneinten, erklärten dasselbe für Teufelswerk und später gehörte die Nekromantie zu den am meisten verbotenen Arten der Zauberei. Jetzt ist zwar die gänzliche Grundlosigkeit jenes oft verbrecherischen Beginnens dargethan, gleichwol hat der Aberglaube an Berufung und Befragung Todter und an die von Einzelnen über sie besessene Macht sich noch lange nicht allerwärts verloren.