Schatten

Schatten
Schatten

[61] Schatten nennt man den dunkeln Fleck, welcher überall da auftritt, wo das Licht von einem undurchsichtigen Körper hinzufallen abgehalten wird. (S. Licht.)

Ist der leuchtende Körper kleiner als der beleuchtete, so wird der Schatten, welchen dieser letztere hinter sich wirst, immer weiter sich ausbreiten. Die nachstehende Figur erläutert dies. Die Kugel wird von dem vor ihr stehenden Lichte beleuchtet und wirst, weil sie undurchsichtig ist, hinter sich einen Schatten. Bringt man nun in diesen hintereinander bei A, B, C, D und E ein Blatt Papier, so wird man finden, daß mit der Entfernung des Blattes von A auch die Größe des auf dem Papier sich als schwarzer Fleck darstellenden Schattens zunimmt. Ebenso kann man leicht übersehen, daß, wenn der leuchtende Körper größer ist als der beleuchtete, der Schatten mit zunehmender Entfernung an Größe abnimmt und zuletzt ganz verschwindet, endlich daß bei gleicher Größe des leuchtenden und beleuchteten Körpers der Schatten fortwährend dieselbe den Umfang des beleuchteten Körpers darstellende Größe behält. – Stellen wir uns unter S die Sonne oder einen andern leuchtenden Körper vor, während AB der beleuchtete dunkle Körper ist, der seinen Schatten auf die Ebene MN wirst, so lehrt einige Überlegung, daß von B bis F gar kein von S ausgehendes Licht fallen kann, während von F bis I nur ein Theil der Strahlen abgehalten wird; es entsteht also ein ganz lichtloser Fleck BF, welcher der eigentliche oder Kernschatten ist, während von B bis I ein immer schwächer werdender Schatten, der Halbschatten, sich ausbreitet. Gibt es mehre Lichtquellen, welche denselben undurchsichtigen Körper beleuchten, so treten auch mehre Schatten auf; diese Schatten fallen aber minder dunkel aus, weil der Schatten der einen Lichtquelle durch den der andern beleuchtet wird. Strömen die zugleich leuchtenden Lichtquellen verschiedenes Licht aus, so sind die Schatten demnach auch von verschiedenfarbigem Licht beleuchtet, und in diesem Falle treten dann die farbig en Schatten auf. Man kann dieselben am besten beobachten, wenn man des Morgens bei aufgehender Sonne eine Kerze brennt; dann nämlich wirst jeder von diesen beiden verschiedenfarbigen Lichtquellen beleuchtete Körper einen blauen und einen gelben Schatten.

[61] Von besonderer Wichtigkeit ist der Schatten in der Malerei, weil durch denselben nicht nur die Art angedeutet wird, in welcher die Gegenstände beleuchtet erscheinen sollen, sondern auch die Verhältnisse, in denen die Gegenstände untereinander stehen; endlich erhöht der Schatten auch die Schönheit eines Gemäldes, indem er den Farben eine dem Auge wohlthuende Milderung und allmälige Abstufung gibt, auch die Übergänge derselben in einander vermittelt. Man unterscheidet in der Malerei drei Arten von Schatten. Der Hauptschatten ist derjenige, welchen alle im Gemälde dargestellten Gegenstände werfen, insofern sie dem Lichte entgegenstehen, das als dasjenige angenommen wird, durch welches jene Gegenstände beleuchtet erscheinen. Er wird also wesentlich bedingt von der Stellung der für das Gemälde angenommenen Lichtquelle. Schlagschatten nennt man die Schatten, welche ein im Gemälde dargestellter Gegenstand auf die hinter ihm befindlichen Gegenstände wirst und durch welche er gegen diese sich heraushebt. Halbschatten sind alle nicht im vollen Licht erscheinende Partien, die also die Mitte zwischen dem Licht und dem Hauptschatten halten. Man nennt nämlich in Gemälden Licht die verhältnißmäßig vollkommen beleuchteten Stellen, welche also am hellsten gehalten sein müssen. Die Anordnung von Licht und Schatten und die Übergänge, Verschmelzung beider ineinander ist eine der wichtigsten Aufgaben für den Künstler. Auch auf andere Künste, namentlich auf die Musik hat man den Ausdruck Licht und Schatten angewendet, indem man darunter die charakteristische Hervorhebung einzelner Partien gegen andere, minder bedeutungsvolle versteht. – Da dieselbe Farbe eine merkliche Verschiedenheit annimmt, je nachdem sie stärker oder schwächer beleuchtet ist, so muß auf diese Verschiedenheit der Maler vorzüglich seine Sorgfalt richten, und man nennt die Darstellung dieser Verschiedenheit die Schattirung. – Die Farben treten bei verschiedener Beleuchtung in verschiedenen Nuancen auf und die Schattirung fällt also mit der verschiedenen Nuancirung der Farben zusammen. Auch diesen Ausdruck hat man auf andere Künste übergetragen, indem man darunter die Hervorhebung der feinern Modificationen versteht, durch welche das Kunstwerk seinen Charakter in einem höhern Grade innerer Vollendung und Wahrheit ausprägt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 61-62.
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