Normannen

[302] Normannen oder Normänner, d.h. Männer aus Norden, hießen in Deutschland, Holland und Frankreich die abenteuer- und raublustigen Bewohner des alten Skandinaviens oder von Dänemark, Schweden und Norwegen, welche [302] seit dem 6. Jahrh. und mit durch den Erfolg wachsender Kühnheit, die deutschen, franz. und engl. Küsten überfielen, mit ihren kleinen Fahrzeugen auf den schiffbaren Flüssen tief ins Land drangen und ihre Raub- und Seezüge selbst bis Spanien und Italien, nach Island und bis zur Küste von Nordamerika ausdehnten. In Frankreich brachten sie unter den schwachen Nachfolgern Karl's des Großen die Normandie (s.d.) an sich und beherrschten längere Zeit England, wo sie Dänen und Easterlinge genannt wurden. Im 11. Jahrh. wurde dasselbe von Wilhelm, Herzog von Normandie, erobert, während um dieselbe Zeit die Nachkommen Tankred's von Hauteville in Unteritalien und Sicilien (s.d.) normännische Reiche gründeten. Auch die Waräger oder Wäringer, welche in Rußland um die Mitte des 9. Jahrh. ein Reich stifteten, werden für Normannen gehalten. Die zahlreichen Auswanderungen nach den im Auslande eroberten Ländern hatten aber die Bevölkerung Skandinaviens geschwächt und das Christenthum ihrer rohen Kraft andere Richtungen gegeben, daher lange vor dem Ausgange des Mittelalters ihr Name in der frühern Bedeutung sich verliert, und jetzt blos den Bewohnern von Norwegen beigesagt wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 302-303.
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