[200] Skandinavien oder die skandinavischen Reiche heißen die drei Königreiche: Schweden, Norwegen und Dänemark (s.d.), von denen die beiden ersten die skandinavische Halbinsel bilden, welche auch schon die alten griech. und röm. Geographen Scandia oder Scandinavia nannten. Unter skandinavischer oder altnordischer Literatur begreift man die Sprachdenkmale aus der heidnischen Vorzeit S.'s, zu denen auch die von Island (s.d.) gehören, welches von Skandinaviern angebaut worden ist und besonders eine Freistätte für die heidnische Poesie wurde. In diese Literatur verliert sich auch die altheidnische Literatur Deutschlands und Englands, denn die alten Sagen waren allen german. Völkern gemeinschaftlich und haben sich in S. länger erhalten, bis in die geschichtliche Zeit hinein, [200] während sie bei den andern german. Völkern fast spurlos verschwanden, da sie zeitiger zum Christenthume übertraten und bei ihnen die Kirche bald zu großer Macht gelangte. Wir lernen aus der skandinav. Literatur eine eigne Mythologie, die sogenannte nordische (s. Götter und Götterlehre) kennen, und eine Art der Poesie, welche für die german. Völker charakteristisch ist. (S. Skalden.) Die Runen (s.d.) sind merkwürdige historische Denkmale und an sie schließen sich die Überreste altgerman. Gesetzgebung. Das Auffinden der jüngern und ältern Edda (s.d.) erweiterte wesentlich unsere Kenntnisse von dem Geiste des alten S.'s; Versuche jedoch, wie namentlich Klopstock machte, die nordische Mythologie an die Stelle der griech. in die moderne Poesie einzuführen, fanden keinen allgemeinen Beifall, ein Beweis, wie die jetzt lebenden german. Völker vermöge des Ganges ihrer Bildung dem griech. Alterthume geistig beiweitem näher stehen als dem altgermanischen.