Potsdam

[550] Potsdam, die Hauptstadt des danach benannten Regierungsbezirks der preuß. Provinz Brandenburg und zweite königl. Residenz, liegt am Einflusse der Nuthe in die Havel, vier M. südl. von Berlin, mit dem es seit 1838 durch eine mit Dampfkraft befahrene Eisenbahn verbunden ist, und hat 24,000 Einw. P. wurde von Friedrich Wilhelm, dem großen Kurfürsten, gegründet, nachher besonders von Friedrich II. mit großen Kosten angebaut und gilt nach Berlin für die schönste Stadt im preuß. Staate. Ein mit Bäumen bepflanzter Kanal mit steinernen Ufermauern und eisernem Geländer durchschneidet die Stadt, deren prächtige Straßen und Plätze aber der verhältnißmäßig geringen Bevölkerung wegen noch immer ein etwas ödes Ansehen haben, obgleich sie durch den hierher verlegten Sitz mehrer höherer Behörden gegen früher an Lebhaftigkeit gewonnen hat. P. besteht aus den Stadttheilen Alt- und Neustadt, zu welcher der Kiez, Friedrichstadt und das holländ. Revier gehören, und vier Vorstädten; die schönsten Straßen sind: die Waisen-, Linden-, Burg-, Brandenburg-, Pflug- und breite Straße, die vorzüglichsten von den öffentlichsten Plätzen der alte Markt am Schlosse mit einem 74 F. hohen Obelisk von weiß und rothem Marmor; der mit Pappeln und Linden bepflanzte und mit einer Hecke eingefaßte Wilhelmsplatz und der Paradeplatz. Zu den bemerkenswerthen Gebäuden gehören: das königl. Schloß an der Havel, welches der große Kurfürst zu bauen anfing, und König Friedrich II. vollendete und in dessen Nähe die von 1822–25 erbaute, 600 F. lange, 30 F. breite von acht, aus 23,000 Ctr. Eisen bestehenden Bogen getragene lange Brücke über die Havel führt; das 1754 nach dem Muster des amsterdamer aufgeführte Rathhaus, auf dessen Kuppel ein Atlas mit der Weltkugel steht; die 1735 von Friedrich Wilhelm I. erbaute Hof- und Garnisonkirche mit einem schönen Glockenspiel, guten Gemälden von Begasse und Schadow und der Gruft, wo ihr Erbauer und Friedrich II. in einfachen Marmorsärgen beigesetzt sind; die h. Geistkirche mit einem 280 F. hohen und schönen Thurme; das große Militairwaisenhaus; das Theater; mehre Casernen und die königl. Gewehrfabrik, wo die in Spandau verfertigten Läufe geschäftet und überhaupt völlig in Stand gesetzt werden. Eine Regierung, die Oberrechnenkammer, Staatsbuchhalterei und Provinzialerziehungscommission, sowie mehre andere wichtige Behörden haben ihren Sitz in P., wo sich außer andern Bildungsanstalten auch eine Gärtnerlehranstalt mit einer Landesbaumschule von mehren 100 Morgen für Forstbaumzucht und 44 Morgen für Obst- und Zierbäume und Sträucher befindet. Zu den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten gehört auch unter dem Namen Luisens Denkmal eine Stiftung zur Ausstattung tugendhafter Mädchen. Buschige Höhen, Weinberge, Wald und Seen machen die Umgebung von P. sehr anmuthig, an das zunächst gegen Nordwest ein großer königl. Garten mit zwei von Friedrich II. erbauten Schlössern, dem prächtigen neuen Palais und dem auf einer terrassirten, mit Reben bepflanzten Anhöhe liegenden Sanssouci grenzt. Dieser Lieblingsaufenthalt Friedrich's des Großen, von dem er den Namen des Weisen von Sanssouci erhielt, hat nur ein Stockwerk und keinen großen Umfang, ist aber im Innern höchst geschmackvoll verziert und gewährt eine malerische Aussicht über Stadt und Umgegend. Gegen Nordost liegt im neuen Garten auf einem Hügel am heiligen See das von Friedrich Wilhelm II. erbaute Marmorpalais, wozu die Säulen einer Colonnade von Sanssouci mit verwendet wurden. Westl. von P. liegt noch das königl. Landhaus Paretz, südl. auf den Brauhausbergen ein in Form einer Warte aufgeführtes königl. Lusthaus und ein kleines königl. Lustschloß mit einem Park auf dem ehemaligen Kaninchenwerder, der jetzigen Pfaueninsel in der Havel, wo der regierende König gern verweilt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 550.
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