Rückenmark

[762] Rückenmark heißt das im Rückgrathskanale liegende Nervengebilde, welches die Gestalt eines walzenförmigen, von vorn nach hinten etwas glattgedrückten und aus zwei halbcylindrischen Seitenhälften zusammengesetzten Stranges hat, den genannten Kanal beiweitem nicht ausfüllt und nur bis zum ersten oder zweiten Lendenwirbel herabreicht. In der Gegend des letztern Hals- und Lendenwirbels, wo die großen Nerven für die Gliedmaßen von ihm abgehen, ist es viel dicker als gewöhnlich, geht mit seinem obern Ende ohne deutliche Abgrenzung in das verlängerte Mark über, steht dadurch mit dem Gehirn in Verbindung und läuft an seinem untern Ende, welches mit den anliegenden Lenden- und Kreuzbeinnerven den sogenannten Pferdeschweif bildet, in eine stumpfe, kegelförmige und in zwei Knötchen getheilte Spitze, den Rückenmarkszapfen, aus, von welchem sich der sogenannte Rückenmarksfaden bis zur Spitze des von der harten Haut gebildeten Sackes erstreckt. Das Rückenmark besteht, wie das Gehirn, aus weißer und grauer Nervenmasse, nur mit dem Unterschiede, daß bei ihm (umgekehrt wie bei dem Gehirn) erstere den äußern Umfang, letztere den Kern desselben bildet, und wird von denselben drei übereinanderliegenden Häuten, von denen auch das Gehirn umgeben ist, von der harten, Spinneweben- und weichen Haut eingeschlossen. Von ihm entspringen hauptsächlich die Nerven, unter deren Einflusse die willkürlichen Bewegungen stehen. Das Rückenmark ist mancherlei Krankheiten unterworfen, die um so bedenklicher sind, als dasselbe vermöge seiner knöchernen Umgebung der unmittelbaren Einwirkung der ärztlichen Kunst mehr oder weniger entzogen ist. So können sowol die Häute als auch die Masse desselben von Entzündung befallen werden, letztere kann sich erweichen oder verhärten, auch stellenweise vereitern, in einen Zustand von Abzehrung verfallen (wie dies bei der sogenannten Rückendarre der Fall ist), endlich kann es durch Ausschwitzung innerhalb seiner Häute oder durch Erkranken seiner knöchernen Umgebung in seinen Verrichtungen mehr oder weniger beeinträchtigt werden, wovon namentlich Lähmungen der obern oder untern Gliedmaßen, der Schließmuskeln der Blase oder des Mastdarmes die gewöhnliche Folge sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 762.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: