[163] Gehirn wird das weiche, markige Organ genannt, welches in der Schädelhöhle, umgeben von drei übereinanderliegenden Häuten, liegt und als Mittelpunkt des gesammten Nervensystems betrachtet werden muß. Dasselbe besteht aus mehren Abtheilungen: dem großen Gehirn, dem kleinen Gehirn und dem verlängerten Marke, welches letztere in das Rückenmark übergeht. Die Masse, aus welcher das Gehirn besteht, läßt deutlich zwei voneinander verschiedene Substanzen unterscheiden, eine weiche, schwammige, graue Substanz, die sogenannte Rindensubstanz, welche das große und kleine Gehirn umhüllt, aber auch in ihrem Innern vorkommt und eine festere, dichtere, weiße Substanz, die Marksubstanz. Das große und kleine Gehirn sind bei dem Menschen im Vergleich zu den Thieren vorzugsweise entwickelt. Unter den Thieren hat der durch Klugheit sich auszeichnende Elefant das größte Gehirn. – Während des Lebens ist das Gehirn in einer steten Bewegung, die mit dem Athemholen in Verbindung steht und hauptsächlich von dem Ein-und Ausströmen des Bluts abhängt. Das Gehirn ist das Organ der Seele, ohne dessen Thätigkeit weder ein Denken und Empfinden, noch irgend eine Willensäußerung oder irgend eine willkürliche Bewegung stattfinden kann. Große oder plötzlich eintretende Verletzungen, vorzüglich Druck und Erschütterung desselben hemmen seine Thätigkeit, sodaß das Bewußtsein getrübt oder aufgehoben wird, während jeder andere Theil des Körpers bedeutend verletzt, ja seiner Zerstörung nahe gebracht oder auch völlig zerstört werden kann, ohne daß das Gehirn in seinen gesundheitsgemäßen Thätigkeitsäußerungen beeinträchtigt erscheint. Man hat sich vielfach bemüht, für die verschiedenartigen Äußerungen der Seelenthätigkeit einzelne Organtheile des Gehirns aufzufinden, man hat sich vielfach darüber gestritten, welcher Theil des Gehirns der eigentliche Sitz der Seele sei; aber alle derartigen Untersuchungen sind bis jetzt erfolglos geblieben. Der bekannte Gall (s.d.) ist sogar so weit gegangen, von der äußern Form des Schädels in der falschen Voraussetzung, daß dieselbe stets ein Abbild der Oberfläche und Entwickelung des Gehirns sei, auf die eigenthümlichen Geistesanlagen und Leidenschaften eines jeden Menschen schließen zu wollen. Das Gehirn kann, wie alle andern Theile und Eingeweide des lebenden Körpers, auf mannichfaltige Weise krankhaft ergriffen werden; es kann sich entzünden, vereitern, verhärten, zusammenschrumpfen, erweichen, in seinen Höhlen sich Wasser ansammeln lassen; es kann durch Verwundung, Quetschung, Druck, Erschütterung u.s.w. leiden, Alles Störungen, die sich durch eigenthümliche, nicht immer leicht erkennbare Krankheitserscheinungen, namentlich Geistest rankheiten (s.d.) charakterisiren.