Rückert

[762] Rückert (Friedr.), geb. 1789 zu Schweinfurt, gehört zu den ersten lyrischen Dichtern unserer Zeit, und machte sich zuerst unter dem Namen Freimund Raimar bekannt. Seine gelehrte Bildung erhielt er auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt und der Universität Jena, wo er sich vorzüglich mit philologischen Studien und den schönen Wissenschaften beschäftigte und 1811 Privatdocent wurde. Bald wechselte er jedoch seinen Aufenthalt und lebte namentlich 1815–17 in Stuttgart, wo er an der Redaction des »Morgenblatts« Theil hatte, ging dann nach Italien und wählte später Koburg zu seinem Wohnorte. Hier widmete er sich neben seinen dichterischen Bestrebungen hauptsächlich dem Studium der morgenländ. Sprachen, und ward als Professor derselben 1826 in Erlangen angestellt, wo er noch lebt und dem ihn ein Ruf nach Berlin nicht entziehen konnte. Seit er mit den »Deutschen Gedichten« (Heidelb. 1814) auftrat, denen der »Kranz der Zeit« (Stuttg. 1817) zuerst unter dem Namen R., dann »Östliche Rosen« (Lpz. 1822) und eine große Zahl vereinzelter Gedichte folgten, welche in den »Gesammelten Gedichten« (6 Bde, Erl. 1834–38) meist vereinigt sind, haben sich die außerordentliche Vielseitigkeit und der Reichthum seiner poetischen Anschauungen, sowie seine Kunst der Vers- und Sprachbildung auf eine Weise herausgestellt, wie sie in dieser Vereinigung kaum zum zweiten Male angetroffen werden. Aber während Phantasie, Witz und künstliche Form sich geltend machen, fehlen R.'s Auffassung sehr oft Gemüth und Innigkeit, und die erstern im Verein mit seiner Virtuosität in Sprache und Vers verleiten ihn nur zu oft, seine Stoffe und Formen bis zum Überdruß auszuspinnen, sodaß seine Dichtungen dadurch häufig das Ansehen des Gemachten erhalten, wovon auch seine neuern umfänglichern dichterischen Werke: »Die Weisheit des Brahmanen« (4 Bde., Lpz. 1836–38) und »Das Leben Jesu« (Stuttg. 1839), nicht frei sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 762.
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