Seelenverkäufer

[153] Seelenverkäufer oder Zettelverkäufer nannte man in Holland und namentlich in Amsterdam sich aufhaltende Mäkler, welche die verworfensten Mittel anwendeten, um Menschen zum Dienste in den Colonien zu werben. Sie suchten im Zustande leidenschaftlicher Aufregung oder der Trunkenheit junge Leute zu verlocken, indem sie dieselben durch Vorspiegelungen hintergingen, sich in ihre Hände zu geben. Hatten sie dieselben einmal in ihrer Gewalt, so war fast nichts im Stande, sie ihnen wieder zu entreißen, denn die Regierung duldete dieses schändliche Handwerk, welches ihr Soldaten verschaffte, die sonst nicht ohne große Kosten zu erlangen gewesen wären, weil der Dienst in den Colonien, besonders in Ostindien, wegen seiner Gefährlichkeit verrufen war. Die Seelenverkäufer wußten durch Mishandlungen die in ihre Gewalt Gerathenen unter ihren Willen zu beugen, und sobald die ostind. Compagnie Leute brauchte, stellte sie ihnen dieselben vor. Sie erhielten für jeden Angenommenen einen sogenannten Transportzettel, welcher dem Inhaber 150 Gulden zusagte. Diese Summe wurde dem Soldaten an seinem Lohne abgezogen und nachher an den Vorzeiger des Zettels ausgezahlt; starb der Soldat vor Ablauf der gesetzten Frist, so verlor der Transportzettel seinen Werth. Es wurde nun mit diesen Transportzetteln arger Wucher getrieben, indem sie von den Seelenverkäufern meist an reiche Leute verkauft wurden. Der Geworbene konnte seinen Hinterlassenen auch einen Theil seines Soldes abtreten, und dieses geschah durch Ausstellung sogenannter Monatszettel. Der Inhaber eines solchen erhielt den Sold des Geworbenen jährlich auf eine gewiss. Zeit. Auch mit diesen Zetteln wurde arger Misbrauch getrieben. Das Werben für die Colonien findet in Holland noch statt, aber nicht mehr mit den frühern Misbräuchen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 153.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: