Seelenverkäufer

[750] Seelenverkäufer, 1) (Zettelverkäufer), in Holland Personen, welche Matrosen od. Soldaten zum Dienst für die Colonien anzuwerben suchten, dieselben bis zur Abfahrt der Schiffe unterhielten u. sich dann von dem Solde derselben bezahlt machten. Sie bekamen deshalb bei der Abfahrt einen Schuldbrief (Transportzettel) auf 150 Fl. ausgefertigt, welche, wenn der Verkaufte am Leben blieb diesem vom Lohne abgezogen u. dem S. ausgezahlt wurden. Diese Transportzettel wurden von dem S. für einen niedrigeren Preis an Capitalisten verkauft, welche dann den möglichen Gewinn ziehen konnten od. den Verlust tragen mußten. Es wurde aber mit jenen Zetteln, so wie mit den sogenannten Monatszetteln, worin ein Angeworbener seinen Verwandten in Europa versprach sich jährlich ein Paar Gulden von seinem Solde abziehen u. das Geld jenen auszahlen zu lassen, arger Mißbrauch getrieben. Diese S. wandten allerlei Kunstgriffe u. selbst Gewalt an, um Menschen, bes. unerfahrene junge Leute u. Fremde in dieser Absicht in Trinkhäuser, Bordelle u.a. dgl. Lustorte zu locken u. so in ihre Hände zu bekommen. Sie wurden dann durch Einkerkerung in ein finsteres Loch u. durch Mißhandlungen mürbe gemacht, in einigen Handgriffen geübt u. als gediente Soldaten den Abgeordneten der Compagnien vorgestellt, etwaige Reclamationen u. Schreien nach Gerechtigkeit wurde überhört, od. als bloße Ausbrüche der Reue nach eingegangenem Engagement betrachtet. Jetzt ist dieses Unwesen durchweg abgeschafft. Auch in Seestädten anderer Länder wurde sonst die Seelenverkäuferei, obgleich verboten, doch betrieben. 2) Der einen Menschen für Geld in die Gewalt eines anderen gibt, z.B. geraubte Kinder an Seiltänzer verkauft.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 750.
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