[686] Weitzel (Johannes) war einer von den Männern, welche unbesiegbarer innerer Drang den Wissenschaften zuführte, und trotz aller Misgunst der Umstände das Ziel unabhängiger Bestrebungen für das Wohl der Menschheit mit Begeisterung und männlicher Ausdauer verfolgt haben. Als Sohn eines unbemittelten Landmanns 1771 zu Johannisberg im Rheingau geboren, sollte der anfangs fast ohne Unterricht aufwachsende Knabe, weil er zu schwächlich für die Feldarbeit war, das Schneiderhandwerk erlernen. Die von einem Dorfschulmeister empfangene dürftige Belehrung ermuthigte ihn aber, ohne seiner verwitweten Mutter Willen in Mainz sich ins Gymnasium aufnehmen zu lassen. Ungeachtet seiner Dürftigkeit verzichtete er fast auf jede Unterstützung und half sich durch Unterrichtgeben mühselig fort, mußte 1792 nach der franz. Eroberung von Mainz eine Hauslehrerstelle annehmen und konnte erst nach einigen Jahren in Jena und Göttingen seine unterbrochenen Studien fortsetzen. Nach der Rückkehr von einer Reise in die Schweiz und Frankreich ward er 1798 von den damaligen franz. Behörden des linken Rheinufers als Commissair der Regierung in Otterberg, dann in Germersheim angestellt. Seine unwandelbare Rechtlichkeit erlaubte ihm aber nicht, sich dem unlautern Treiben Anderer anzuschließen, und 1800 bei Erneuerung der franz. Verwaltung übergangen, war er so arm wie vorher zu seiner Mutter nach Johannisberg zurückgekehrt, als ihn die damals zu Aschaffenburg befindliche mainzer Regierung wegen verderblicher Romane aus dem Lande wies, obgleich er nie einen geschrieben hatte. Diese Bedrängniß trieb ihn nach Mainz, um dort als Schriftsteller den erfoderlichen Unterhalt für seine Familie zu suchen; er gab hier eine Zeitschrift für Geschichte, Politik und Gesetzgebung heraus, erhielt die Redaction der Mainzer Zeitung, ward gegen seinen Wunsch Professor am damals kais. Lyceum, und das Vertrauen seiner Mitbürger berief ihn zu städtischen Ehrenämtern. Gleichwol war seine Lage keine gesicherte, und da er sich nicht zu Zwecken der geheimen franz. Policei hergeben wollte, ward ihm mit der Redaction sein wesentlichstes Einkommen wieder entzogen. Mit dem Ende der franz. Herrschaft kamen auch für W. bessere Tage, der seit 1814 als nassauischer Hof- und Revisionsrath, 1820 als herzogl. Bibliothekar zu Wiesbaden angestellt war und dort 1837 starb. Die hier begonnene Herausgabe der »Rheinischen Blätter« gab er auf, als sie in Folge der Karlsbader Beschlüsse unter Censur stehen sollten. Von seinen übrigen Schriften erwähnen wir: »Das Merkwürdigste aus meinem Leben und meiner Zeit« (2 Thle., Lpz. 1821–22); »Vermischte Schriften« (3 Bde., Frankf. 1820 fg.); »Geschichte der Staatswissenschaft« (2 Bde., Stuttg. 1832–33).