Wilhelm I. [3]

Wilhelm I. [3]

[729] Wilhelm I., seit 30. Oct. 1816 regierender König von Würtemberg, geb. 27. Sept. 1781 im schlesischen Städtchen Lüben, wo sein mit der Prinzessin Auguste Karoline Friederike Louise von Braunschweig-Wolfenbüttel vermählter Vater, der nachherige König Friedrich I. von Würtemberg, als damaliger preuß. Generalmajor und Chef eines Dragonerregiments in Garnison stand.

In früher Jugend schon führten ihn die Verhältnisse nach Rußland, in die Schweiz, an den Rhein und endlich 1790 nach Würtemberg; seine Mutter war jedoch vorher gestorben. Die Erziehung und höhere Bildung des Prinzen ward nun ausgezeichneten Lehrern anvertraut, aber durch die wenngleich wohlgemeinte, doch mehr als nachsichtslose Härte und Strenge, mit welcher der Vater sie anordnete und eingriff, oft unerfreulich gestört. Das Vordringen der franz. Revolutionsheere nach Würtemberg nöthigte 1796 und 1799 die herzogl. Familie, sich zu entfernen und 1800 wohnte W. als Freiwilliger unter dem Erzherzoge Johann der Schlacht von Hohenlinden bei. Da er nach der Rückkehr an den Hof seines seit 1797 zur Regierung gelangten Vaters durchaus in der Abhängigkeit der [729] Kinderjahre bleiben sollte, entzog sich der Prinz am Ende diesem drückenden Verhältnisse durch eine Reise nach Wien, Frankreich und Italien, welche zugleich für seine weitere Ausbildung nützlich war und von welcher er erst 1806 nach Würtemberg zurückkehrte. Hier lebte er in gänzlicher Ferne von Staatsgeschäften und stiller Zurückgezogenheit von wenigen Freunden umgeben in Stuttgart und auf seinem einfachen Landsitze Scharrnhausen, was auch durch seine auf väterlichen Befehl 1808 erfolgte Vermählung mit der Prinzessin Karoline Auguste von Baiern (jetzt Witwe Kaiser Franz I.) keine wesentliche Veränderung erlitt, welches Verhältniß übrigens 1814 mit beiderseitigem Einverständnisse wieder aufgelöst wurde. Als 1812 auch 15,000 Würtemberger den franz. Heeren nach Rußland folgten, stellte sich der Kronprinz nach dem Willen seines Vaters an ihre Spitze, ward aber in Wilna durch Krankheit zurückgehalten und kehrte nach seiner Herstellung nach Stuttgart zurück. Die Schlacht bei Leipzig führte endlich auch Würtemberg den verbündeten Mächten zu und W. erhielt von ihnen den Befehl über ein aus dem würtemb. Contingent und einigen östreich. und russ. Regimentern gebildetes Corps, an dessen Spitze er sich bei Epinai, Brienne und Sens, sowie bei Montereau bei Deckung des Rückzugs der Verbündeten großen Ruhm erwarb, indem er hier den fünf Mal überlegenen Feind einen ganzen Tag aufhielt. Auch 1815 bewährte er sein Feldherrntalent durch das Zurücktreiben des Generals Rapp nach Strasburg und gewann durch diese Waffenthaten neue Ansprüche auf die Zuneigung des mit großen Hoffnungen auf ihn blickenden Volkes. Der plötzliche Tod seines Vaters berief ihn am 30. Oct. 1816 zur Regierung, die dann auch sogleich mit wesentlichen Erleichterungen und Abstellung vieler Übelstände begann, aber freilich nicht gleich alle lange verhaltene Wünsche erfüllen konnte. (S. Würtemberg.) Im Jan. 1816 vermählte er sich zum zweiten Mal mit der russ. Großfürstin Katharina Pawlowna, verwitweten Prinzessin Peter von Holstein-Oldenburg (gest. 1819), von welcher er zwei Töchter, Marie, geb. 1816, und Sophie, geb. 1818 und seit 1839 mit dem jetzigen Kronprinzen Wilhelm der Niederlande vermählt, aus seiner dritten 1820 geschlossenen Ehe endlich mit Pauline, Tochter seines 1817 gest. Oheims Herzog Ludwig von Würtemberg ebenfalls zwei Töchter, Katharine, geb. 1821, und Auguste, geb. 1826, und einen Sohn besitzt, den Kronprinzen Karl Friedrich Alexander, geb. 6. März 1823, welcher 1841 die berliner Universität zum Behuf seiner höhern Erziehung bezog. In den letzten Jahren besuchte W. die Seebäder in den Niederlanden, in Frankreich oder Italien. In Stuttgart hat bei seiner Anwesenheit Jedermann Freitags von 9–11 freien Zutritt zu seiner Person.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 729-730.
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